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Zähneknirschen: Die Kiefer-Hirn-Connection

Viele Menschen knirschen mit den Zähnen. Was steckt dahinter? Was hilft? Und lässt sich die Kraft des Kiefers womöglich auch anders nutzen? Unsere Autorin ist selbst betroffen und hat nachgeforscht.

Das böse Erwachen kommt bei der Zahnärztin. »Da wird aber ganz schön geknirscht«, sagt sie bei meinem Vorsorgetermin und klingt dabei vorwurfsvoll. Zähneknirschen – ich? Das kann ich mir nicht vorstellen. Wieso weiß ich nichts davon? Sehr einfach, wie mir meine Zahnärztin erklärt: weil ich dabei schlafe. Damit bin ich keineswegs die Einzige. Laut einer systematischen Literaturanalyse arbeiten rund 13 Prozent der Erwachsenen bei Nacht kräftig mit ihren Kiefern. Bis zu 31 Prozent tun dies sogar am Tag – ohne dabei etwas zu essen.

Anhand der Abriebspuren an meinen Zähnen rekonstruiert die Ärztin, wie ich nachts meine Kiefer bewege. Die Bewegung, zu der sie mich anleitet, fühlt sich erstaunlich vertraut an. Damit ich die Zähne nicht weiter abschmirgele, bekomme ich eine Schiene für den Unterkiefer. Fortan soll ich also mit Plastik im Mund schlafen. Keine schöne Vorstellung. Um mich aufzumuntern, erzählt die Zahnärztin, manche Menschen trügen sogar freiwillig Zahnschienen. Damit ließe sich unter anderem die Leistung beim Sport steigern. Als ambitionierte Hobbysportlerin werde ich hellhörig. Wie soll das denn funktionieren? Gibt es eine bislang unbekannte Verbindung zwischen Zähnen, Gehirn und Muskulatur? Lässt sich die Kraft des Kiefers am Ende positiv nutzen? Immerhin kann beim Zähneknirschen das Zehnfache der normalen Kaukraft wirken.

Ich stürze mich in die Recherche und merke: Es ist mal wieder deutlich komplizierter als gedacht. Man muss mindestens drei Arten von Zahnschienen unterscheiden. Gleich vorweg: Das Exemplar, das ich bekommen habe – durchsichtig, relativ weich und biegsam –, macht mich sicherlich nicht leistungsfähiger, selbst wenn ich es beim Sport tragen würde. Vermutlich wird mich die Schiene auch nicht vom Zähneknirschen abhalten. Wozu taugt das Ding dann überhaupt? »Die klassische Knirscherschiene ist im Grunde nur ein Verschleißschutz«, sagt Rainer Hahn, Leiter eines zahnärztlichen Versorgungszentrums in Tübingen. Man verpasst den Zähnen einen weichen Überzug, damit sie durch die nächtliche Kieferaktivität nicht kaputtgehen.

Viele Menschen knirschen, pressen oder hacken tagsüber mit den Zähnen, ohne es zu merken

Fachleute sprechen übrigens nicht von Zähneknirschen, sondern von Bruxismus. Das umfasst nicht nur das Über- und Aneinandergleiten der Zähne, also das klassische Knirschen; damit ist auch ein krampfhaftes Zusammenpressen der Kiefer gemeint. Und dann gibt es noch die Schmatzer oder Hacker. »Sie arbeiten in rhythmischen Bewegungen mit ihren Zähnen«, berichtet Ingrid Peroz von der Berliner Charité. Unter Bruxismus fällt ebenso das Anspannen der Kiefermuskulatur, ohne dass die Zähne überhaupt in Kontakt kommen.

Viele Menschen knirschen, pressen oder hacken tagsüber mit den Zähnen, ohne es zu merken. Andere drücken die Zunge gegen die Zähne oder ziehen die Wange nach innen und kauen darauf herum. »Bei manchen Patienten ist die Schleimhaut schon ganz weiß«, erzählt Zahnärztin Peroz. Es bildet sich eine Hornschicht. »Definitionsgemäß ist Bruxismus eigentlich nur eine Aktivität der Kaumuskulatur«, erläutert die Oberärztin. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen hat sie die aktuelle Leitlinie zum Thema verfasst. Demnach ist Bruxismus zunächst nicht als Krankheit zu werten – es sei denn, er führt zu einer extremen Abnutzung der Zähne oder hängt mit Erkrankungen zusammen, beispielsweise einer Schlafapnoe.

Manche Menschen beanspruchen ihre Kiefermuskulatur so stark, dass sie den Mund kaum mehr öffnen können. Der ganze Kopf tut ihnen weh oder das Kiefergelenk knackt. »Das kann sehr schmerzhaft sein«, sagt Zahnarzt Hahn. In solchen Fällen spricht man von einer »craniomandibulären Dysfunktion«. Zwar gilt Bruxismus als Risikofaktor, doch längst nicht jeder Knirscher oder jede Knirscherin entwickelt ein derartiges Krankheitsbild. Die Häufigkeit in der Allgemeinbevölkerung liegt bei etwa 10 Prozent; bis zu 80 Prozent der Betroffenen sind weiblich. Beim Bruxismus ist das nicht der Fall, Männer und Frauen knirschen gleichermaßen.

Zähneknirschen als Antistressprogramm

Die Ursachen von Bruxismus, so heißt es in der Leitlinie, seien »multifaktoriell und teils unbekannt«. Während man früher vermutete, es hänge mit der Zahnstellung zusammen, tippt man heute eher auf Stress, Angst- und Schlafstörungen. Ebenso können genetische Faktoren, ein Mangel an bestimmten Neurotransmittern sowie Nikotin-, Alkohol- oder Drogenkonsum eine Rolle spielen. Auch wenn Krankenkassen immer mehr Knirscherschienen verschreiben, sei Zähneknirschen kein modernes Problem, sagt Expertin Peroz. Schon bei den Neandertalern fände man abgenutzte Zähne, die auf eine starke Aktivität der Kaumuskulatur hinwiesen.

»Dieses evolutionäre Muster ist in jedem von uns drin, auch in Tieren. Das haben wir seit Millionen Jahren«, stimmt ihr Tübinger Kollege Hahn zu. Gefühle wie Wut oder Aggression lösen häufig eine starke Kieferanspannung aus, der Unterkiefer wird in Eckzahnposition nach vorne geschoben. Verantwortlich dafür ist ein Nervengeflecht namens Formatio reticularis, das den gesamten Hirnstamm bis zum Rückenmark durchzieht. Es reguliert unsere Emotionen, die Motorik und andere lebenswichtige Funktionen. Diese Nerven sind eng mit der Kiefermuskulatur verschaltet.

Forschende haben herausgefunden, dass aggressives Beißen unter anderem dazu führt, dass der Pegel des Stresshormons Noradrenalin abnimmt. Zähneknirschen dient also offenbar der Stressbewältigung. Weil das Signal dazu aus dem Gehirn kommt, ist es schwer, dagegen anzukämpfen. »Eine kausale Therapie mit Knirscherschienen gibt es nicht«, sagt Hahn.

Das heißt aber nicht, dass man mit Zahnschienen keinerlei Einfluss auf die Kiefermuskulatur nehmen kann. In der Zahnwurzelhaut liegen hochempfindliche Sensoren: Die Ruffini-Körperchen registrieren jede Faser, jedes noch so kleine Körnchen zwischen unseren Zähnen und melden es ans Gehirn. Dieses schickt dann wiederum ein Signal an die Muskulatur. Dafür hat Hahn ein Beispiel parat: »Stellen Sie sich vor, Sie beißen auf einen Kirschkern. Ihr Kiefer lässt sofort los.« Die Ruffini-Körperchen werden also sehr wohl merken, dass ich eine Knirscherschiene im Mund habe. Infolgedessen signalisiert das Gehirn den Kiefermuskeln: »Ihr müsst anders arbeiten.« Schließlich ist der Abstand zwischen den Kiefern plötzlich geringer. »Das kann im ersten Moment zu einer Entspannung führen«, sagt Peroz. Hat sich ein Patient jedoch an die Schiene gewöhnt, knirscht er in der Regel weiter wie bisher. Immerhin sind die Zähne dabei geschützt.

Nur für Härtefälle: Therapieschienen

Es gibt aber noch eine zweite Art von Zahnschienen. Sie wirken gezielt auf die Rezeptoren des Zahnhalteapparats: Therapieschienen. Auf den ersten Blick seien diese gar nicht so leicht von gewöhnlichen Knirscherschienen zu unterscheiden, sagt Oliver Ahlers. Der Spezialist für Funktionsdiagnostik und -therapie betreibt eine Praxis in Hamburg-Eppendorf. Gegenüber liegt das Universitätsklinikum, wo er als Privatdozent lehrt und forscht. Meist sind Therapieschienen zwar ebenfalls durchsichtig, sie bestehen aber aus anderen Materialien und werden anders hergestellt. Und, das Wichtigste: »Sie beruhen auf dezidierter Diagnostik«, erklärt Ahlers. Während für eine Knirscherschiene einfache Abformungen genügen, sind zur Anfertigung einer Therapieschiene spezielle Untersuchungen notwendig.

Das Ergebnis: »Ein komplexes, neuromuskuläres Reflexmustertool«, sagt Hahn, der ebenfalls solche Schienen anpasst. »Je nachdem, wie ich diese forme, kann ich die Ruffini-Körperchen im jeweils gegenüberliegenden Kiefer auf unterschiedliche Art und Weise ansprechen«, erklärt der Zahnmediziner. Man könne die Aufbisspunkte eher hart oder weich gestalten. Stimuliert man alle Rezeptoren zur selben Zeit, entspannt sich die Muskulatur, die Beschwerden lassen nach. Weil sie sich mit der Zeit abnutzen, muss ein Zahnarzt die Punkte aber regelmäßig messen und nacharbeiten.

Zudem kann das Tragen der Schiene die Position der Kiefer und somit den Biss verändern. Das stört möglicherweise das Zusammenspiel von Zähnen und vorhandenen Kronen, Brücken oder Implantaten; unter Umständen müssen Zähne und Zahnersatz abgeschliffen oder neu angefertigt werden. Manchmal muss ein Kieferorthopäde eingreifen. Man generiert also einen Behandlungsbedarf, den es vorher nicht gab. Eine Therapieschiene fertige man daher niemals leichtfertig an, sondern nur, wenn jemand starke und anhaltende Beschwerden habe, sagt Hahn.

Therapien gegen Zähneknirschen

Derzeit ist keine allgemein wirksame Heilmethode bekannt. Es gibt lediglich eine Reihe von Ansätzen, die in manchen Fällen zum Erfolg führen. Sie wurden aber meist nur an einer kleinen Gruppe und über relativ kurze Zeiträume getestet. Dazu zählen:

• Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung oder autogenes Training
• Kognitive Verhaltenstherapie
• Biofeedback (die Spannung der Kiefermuskulatur wird gemessen und über ein Geräusch zurückgemeldet)
• Injektionen von Botox in die Kiefermuskulatur (Off-label-Anwendung, wird in der Leitlinie nicht empfohlen)

Quelle: spektrum.de

Forscher entdecken überraschenden Risikofaktor für Demenz

Gesunde Zähne sorgen für ein schönes Lächeln und sind wichtig für die Gesundheit. Dass kranke oder abgestorbene Zähne in Verbindung gebracht werden mit einer Beeinträchtigung des Immunsystems und sogar Herzkrankheiten und Schlaganfällen, ist schon länger bekannt. Auch der Zusammenhang zwischen schädlichen Mundbakterien und Demenz wurde kürzlich untermauert. Jetzt haben US-Forscher zudem speziell Zahnausfall als Risikofaktor für kognitive Erkrankungen und Demenz identifiziert.

Erwachsene, die an Zahnausfall leiden, sollen ein 1,48 Mal höheres Risiko haben, kognitive Krankheiten zu entwickeln. Ihr Risiko, an Demenz zu erkranken, soll 1,28 Mal höher sein als bei Personen ohne Zahnausfall. Darüber hinaus spielt es offenbar auch eine Rolle, wie umfassend der Zahnausfall ist. Menschen, denen mehr Zähne ausgefallen sind, sollen gefährdeter sein als Menschen, die weniger Zähne verloren haben. Das legen Studienanalysen von Forschenden des „Rory Meyers College of Nursing“ der New York University nahe

Faktoren für Demenz besser verstehen

Immer mehr Menschen leiden an Demenz. Laut der Deutschen Alzheimer Gesellschaft leben (Stand Juni 2020) allein hierzulande 1,6 Millionen Menschen mit Demenz – die meisten von ihnen sind an Alzheimer erkrankt.1 Eine Heilmethode ist noch nicht in Sicht. Umso wichtiger ist es, mehr über Risikofaktoren und die Vorbeugung kognitiver Erkrankungen zu lernen. „Angesichts der unglaublich vielen Menschen, die jedes Jahr mit der Alzheimer-Krankheit und Demenz diagnostiziert werden und der gleichzeitigen Möglichkeit, die Mundhygiene im Lauf eines Lebens zu verbessern, ist es wichtig, die Verbindung zwischen schlechter Mundhygiene und kognitivem Zerfall besser zu verstehen“, erklärt die leitende Studienautorin Bei Wu in einer Pressemitteilung der NYU.2

Studienanalysen zur Beziehung zwischen Zahnausfall und Demenz

Wu und ihre Kolleg*innen analysierten einer Reihe von Langzeitstudien zur Beziehung zwischen Zahnverlust und kognitiven Beeinträchtigungen. Die Ergebnisse wurden jetzt im „Journal of Post-Acute and Long-Term Care Medicine“ veröffentlicht. In ihrer Analyse betrachteten sie 14 Studien mit insgesamt 34.074 erwachsenen Proband*innen und 4.689 Personen mit verminderten kognitiven Funktionen. Mit in Betracht gezogen wurde auch der Einfluss von Zahnersatz. Darüber hinaus analysierten die Forschenden acht Studien, um herauszufinden, ob die Menge ausgefallener Zähne eine Rolle spielen könnte.

Zahnausfall erhöht Risiko für Demenz um Faktor 1,28

Die Daten deuten darauf hin, dass Zahnfleischerkrankungen – der Hauptgrund für Zahnverlust – kognitiven Zerfall begünstigen. Erwachsene Probandinnen und Probanden, die an Zahnausfall litten, zeigten ein 1,48 Mal erhöhtes Risiko für kognitive Beeinträchtigungen. Ihr Risiko, an Demenz zu erkranken, sei 1,28 Mal höher als bei Erwachsenen ohne Zahnausfall.

Positive Wirkung von Zahnersatz

Interessant ist jedoch, dass der Faktor Zahnersatz ebenfalls eine Rolle zu spielen scheint. Die Wahrscheinlichkeit, kognitive Beeinträchtigungen zu erfahren, war größer, wenn Erwachsene die Zähne verloren und keinen Zahnersatz bekommen hatten (23,6 Prozent). Bei Teilnehmenden mit Zahnersatz lag der Prozentsatz etwas niedriger (16,9). Mehr noch: Letztere hätten kein signifikant erhöhtes Risiko für kognitive Beeinträchtigungen gezeigt. Es wird deshalb vermutet, dass eine frühzeitige Behandlung mit Zahnersatz das Risiko für kognitiven Zerfall und Demenz reduzieren kann.

Jeder Zahn, der ausfällt, erhöht das Demenzrisiko

Wu und ihr Team wollten es noch genauer wissen und analysierten die Studienlage daher auch mit Blick auf die Menge ausgefallener Zähne. Sie kamen zu dem Schluss, dass dies tatsächlich von Bedeutung für die Gesundheit ist: Mit jedem verlorenen Zahn erhöhe sich das Risiko einer Demenzdiagnose um 1,1 Prozent, heißt es.

Mundhygiene wichtig für kognitive Funktionen

Die vorliegenden Ergebnisse belegen, dass eine gute Mundhygiene wichtig für den Erhalt der kognitiven Funktionen ist. „Der Zusammenhang zwischen der Anzahl fehlender Zähne und dem Risiko minimierter kognitiver Funktionen bestärkt gleichzeitig die Belege für die Beziehung von Zahnverlust und kognitiven Beeinträchtigungen. Außerdem gibt es Anzeichen dafür, dass Zahnverlust kognitiven Zerfall sogar vorhersagen könnte“, wird Xiang Qi, Doktorand der NYU Meyers, zitiert.

Quellen

  • FITBOOK

 

Depressionen sehen nicht überall gleich aus

Stimmungstief, Schlafstörungen, Suizidgedanken: Die Symptome einer Depression ähneln sich weltweit. Doch welche häufig gemeinsam auftreten, hängt von der Kultur ab.

Der Kern einer Depression ist wahrscheinlich universell, sie drückt sich aber je nach Kultur unterschiedlich aus. Zu diesem Ergebnis kommt ein US-Team um Danielle Goodmann und Yan Leykin von der Palo Alto University im »Journal of Affective Disorders. Die Gruppe aus Kalifornien hatte über Google-Werbung zu einem kostenlosen Depressions-Screening im Internet eingeladen. Rund 7000 Erwachsene vor allem aus Amerika und Asien nahmen daran teil. Das Ziel der Studie: herauszufinden, ob überall dieselben depressiven Symptome gemeinsam auftreten oder ob sich Länder und Kulturen darin unterscheiden.

Wie erwartet waren einige Symptome eng miteinander verbunden, andere nicht. Kulturübergreifend bildeten Suizidgedanken und -versuche eine eigene Kategorie. Doch in Lateinamerika gingen damit auch Schuldgefühle und ein geringer Selbstwert einher. Wer in diesen Ländern krankheitsbedingt nicht zur Gemeinschaft beitrage, fühle sich wertlos und damit womöglich auch nicht wert zu leben, vermuten die Forschenden. Denkbar sei auch, dass Suizidgedanken in stark katholisch geprägten Kulturen Schuldgefühle wecken.

In China und im englischen Sprachraum war ein geringer Selbstwert eher mit dem universellen emotionalen Kern einer Depression verbunden: Niedergeschlagenheit, Verlust von Freude und Interessen. Nahezu überall zählten dazu auch körperliche Beschwerden wie Müdigkeit – nicht aber in Russland, dort ließ sich Müdigkeit keiner Symptomgruppe zuordnen. In China, Südasien und Lateinamerika waren mit dem emotionalen Kern außerdem Konzentrationsprobleme und verlangsamtes Denken und Handeln assoziiert. Im englischsprachigen Westen bildeten sie eine eigene Dimension.

Depressionen sind den Forschern zufolge besonders in Südasien und China hochgradig stigmatisiert. In China etwa sei es verbreitet, eine psychische Störung als Charakterschwäche anzusehen. Dies könnte erklären, dass Betroffene ihre Depressionen stärker körperlich als psychisch beschreiben. Die Somatisierung erlaube es, psychische Belastung auf sozial akzeptable Weise auszudrücken, wie das Team um Goodmann und ihren Kollegen Leykin erklärt. Auch in Lateinamerika sei das üblich. Körperliche Symptome könnten deshalb auf eine Depression hinweisen, selbst wenn sich die Stimmung der Betroffenen nicht verschlechtert hat.

Quelle: Spektrum.de

2 Senioren fahren Fahrrad

Check-up 35 wird zur Gesundheitsuntersuchung

In Deutschland hat jeder gesetzlich Versicherte ab 35 Jahren alle drei Jahre Anspruch auf eine Gesundheitsuntersuchung. Sie kann gesundheitliche Risiken aufdecken.

Sie fühlen sich gut. Das heißt aber nicht unbedingt, dass Sie auch ganz gesund sind. Eine regelmäßige Gesundheitsuntersuchung kann Risikofaktoren wie beispielsweise grenzwertige oder bereits erhöhte Werte für Blutzucker, Blutdruck oder Blutfette feststellen. Bleiben sie unentdeckt können sich daraus – mitunter ziemlich unauffällig – Krankheiten wie Bluthochdruck, Typ 2-Diabetes, Nieren- und Herzerkrankungen entwickeln. Wer seine Risiken kennt, kann gegensteuern – zum Beispiel mit Lebensstiländerungen oder auch mit Medikamenten. Kurz: Die Gesundheitsuntersuchung bietet die Chance auf ein möglichst gesundes Altern.

Die Früherkennungsuntersuchung ist freiwillig. Niemand muss daran teilnehmen. Sie bringt unter Umständen auch gewisse Nachteile mit sich. Ergeben sich zum Beispiel Auffälligkeiten, folgen in der Regel weitere Untersuchungen zur Abklärung. Ein einzelner Parameter reicht üblicherweise nicht aus, um eine Diagnose zu stellen. Manchmal handelt es sich letztlich um einen "falschen Alarm". Dann hat man sich unnötig Sorgen gemacht. Andererseits: Deckt die Untersuchung Krankheitsrisiken auf, kann sie von großem Nutzen sein. Wer seine Lebensgewohnheiten entsprechend anpasst, verhindert damit möglicherweise Schlimmeres.

Was beinhaltet die allgemeine Gesundheitsuntersuchung?

Die Gesundheitsuntersuchung kann ab dem 18. Lebensjahr vorgenommen werden. Im Zeitraum bis zum 35. Lebensjahr wird eine Untersuchung von der Kasse getragen. Ab 35 Jahren hat man dann alle drei Jahre Anspruch hierauf.

In der Zeit zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr fokussiert sich die Untersuchung auf ein ausführliches Eingangsgespräch, auch Anamnese genannt, welches auch speziell auf den Impfstatus eingeht. Blut oder Urin werden nur bei einem besonderen Risiko untersucht (wie z.B. bei Übergewicht, bestehendem Bluthochdruck oder besonderen Krankheiten in der Familie).

Ab 35 Jahren beinhaltet die Untersuchung dann neben den oben genannten Teilen sowie einer Ganzkörperuntersuchung und Blutdruckmessung auch eine Urinprobe und Blutentnahme. Ein abschließendes Beratungsgespräch gehört immer dazu.

Was der Arzt bei der Anamnese wissen möchte

Welche Informationen sind für ihn wichtig? Das sind alle Informationen bezüglich

  • bereits bestehender Erkrankungen
  • Einnahme von Medikamenten
  • Operationen
  • Krankheiten in der Familie (beispielsweise Brustkrebs, Darmkrebs und Störungen des Fettstoffwechsels)
  • Ihrer aktuellen Gesundheitssituation
  • Ernährungsgewohnheiten, Alkoholgenuss, Rauchen
  • Stresspegel und Ihrer Fähigkeit zur Stressbewältigung
  • sportlicher Aktivität und
  • aktuellen Impfstatus mit Impfberatung

Es ist ratsam, sich bereits vor dem Arztbesuch hierüber Gedanken zu machen, um möglichst umfassend Auskunft geben zu können. Aus den Angaben und den Untersuchungsergebnissen kann der Arzt ableiten, was zu tun ist, um etwaige Risikofaktoren für Erkrankungen auszuschalten.

Was beinhaltet die Ganzkörperuntersuchung?

Der Arzt beurteilt den Bewegungsapparat, schaut beispielsweise auf Haltungsschäden, Beckenschiefstand und Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose). Auch die Körperform ist entscheidend. Die sogenannte Apfelform (vermehrt Fettgewebe am Bauch) spricht für ein erhöhtes Erkrankungsrisiko in Bezug auf Herz-Kreislauferkrankungen, da vermehrt ungünstige, entzündungsfördernde Stoffe entstehen. Der Arzt tastet den Bauchraum ab, überprüft Nervensystem und Sinnesorgane. "Sehr zu empfehlen ist ein Ultraschall der Bauchorgane", sagt die Hausärztin Dr. Petra Reis-Berkowicz, die auch geschäftsführendes Vorstandsmitglied des bayerischen Hausärzteverbandes ist. Der Ultraschall sei leider nicht genereller Bestandteil der Gesundheitsuntersuchung, wäre ihrer Meinung nach aber wichtig. "Der Arzt kann ihn aber machen, wenn er einen Verdacht hat, und dann im Rahmen der Regelversorgung abrechnen."

Weitere wichtige Untersuchungen

Mit dem Stethoskop horcht der Arzt Herz und Lungen ab, misst die Pulsfrequenz und überprüft, ob der Herzrhythmus regelmäßig ist. Hat er den Verdacht einer Herzrhythmusstörung, kann er zur weiteren Abklärung ein Elektrokardiogramm (EKG) anfertigen. Das wird er auch tun, wenn bei der Anamnese deutlich wurde, dass der Patient bei Belastung Brustschmerzen oder Atemnot hat. Die Blutdruckmessung kann Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall, für einen Herzinfarkt oder ein Nierenversagen ergeben. Bei oberen Blutdruckwerten zwischen 130 mmHg und 139 mmHg spricht man von hochnormalen Blutdruckwerten, ab 140 mmHg von Bluthochdruck. Viele Hausärzte kombinieren die Gesundheitsuntersuchung mit einem Hautkrebsscreening, das die gesetzlichen Krankenkassen unabhängig von der Untersuchung ab einem Alter von 35 bezahlen, manche bereits ab dem Alter von 18 oder 20 Jahren.

Welche Informationen liefert die Urinprobe?

Der Urin wird auf Eiweiß, Glukose, Nitrit sowie auf rote und weiße Blutkörperchen untersucht. Was kann der Arzt daraus ableiten? Glukose im Urin kann auf einen Diabetes hindeuten, rote Blutkörperchen im Urin auf Entzündungen, Infektionen, und selten auch auf Tumore. Einzelne Laborwerte sind allerdings nur eingeschränkt aussagekräftig. Auffällige Werte sind nicht immer Zeichen einer Krankheit. Bei weißen Blutkörperchen im Urin könnte eine Entzündung oder Infektion, etwa eine Harnwegsinfektion, vorliegen. Zeigt der Teststreifen Nitrit an, dann spricht das für eine bakterielle Infektion. Der Nachweis von Eiweißstoffen im Urin hilft dabei, einen Nierenschaden im Frühstadium zu erkennen. Sicherheitshalber sollte in diesem Fall der Urin nach zwei bis vier Wochen erneut auf Eiweiß untersucht werden. Es kann auch aufgrund einer akuten Entzündung wie einer Harnwegsinfektion zu vermehrter Eiweißausscheidung kommen. Ist der zweite Test ebenfalls auffällig, könnte es sich womöglich um einen Nierenschaden handeln.

Wozu dient die Blutuntersuchung?

Sie erfolgt meist morgens und im nüchternen Zustand. Andernfalls sind die gemessenen Blutwerte nicht aussagekräftig.
Der Nüchternblutzuckerwert: Anhand des Blutzuckerwertes ist ein Risiko für Typ 2-Diabetes feststellbar. Werte zwischen 60 und 100 mg/dl (5,6 mmol/l) im kapillaren Vollblut gelten als normal. Liegt der Blutzuckerwert jedoch zwischen 100 und 125 mg/dl kann dies ein Hinweis auf einen Prädiabetes sein, eine Art Diabetes-Vorstadium. In diesem Fall wird der Arzt einen oralen Glukosetoleranztest (oGTT) veranlassen. Er zeigt, wie stark der Blutzucker nach Trinken einer definierten Zuckerlösung steigt. Blutzuckerwerte ab 126 mg/dl (7,0 mmol/l) legen nahe, dass es sich um einen Typ 2-Diabetes handelt.

Der Gesamtcholesterinspiegel, LDL, HDL und Triglyceride: Die Bestimmung des Gesamtcholesterinspiegels soll dazu dienen, ein erhöhtes Risiko für eine Arteriosklerose ("Arterienverkalkung") sowie für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erkennen. Das Gesamtcholesterin sollte nicht über 200 mg/dl, maximal 220 mg/dl liegen. Wenn doch, kann das ein erster Hinweis auf erhöhte Blutfette und eine möglicherweise erblich bedingte Fettstoffwechselstörung sein. "Es gibt jedoch auch Menschen bei denen ein Wert von 200 mg/dl noch keinen Krankheitswert hat.

Insbesondere bei übergewichtigen oder familiär vorbelasteten Menschen ist es wichtig, zusätzlich die Werte für das "schlechte" LDL und das "gute" HDL zu messen und auch ihren Quotienten zu berechnen", rät Reis-Berkowicz. Diese Größen hätten mehr Aussagekraft als der Gesamtcholesterinwert alleine. Daher haben in die aktualisierte Version der Gesundheitsuntersuchung auch LDL, HDL und die Triglyceride, eine weitere Gruppe der Blutfette, Aufnahme in die Blutuntersuchung gefunden.

Was Sie beim Abschlussgespräch erwartet

Im Gespräch informiert Sie der Arzt über Ihren Gesundheitszustand, Ihr individuelles Risikoprofil und die weitere Vorgehensweise. Er zeigt auf, wie Sie Risikofaktoren durch Lebensstiländerungen beeinflussen können. Das können beispielsweise Ernährungsumstellungen sein, um LDL abzusenken. Wer gesättigte Fettsäuren möglichst oft durch ungesättigte Fettsäuren ersetzt, kann den Wert für LDL eventuell etwas drücken. Bei einem Prädiabetes kann mehr Bewegung ratsam sein. Arbeitende Muskeln nehmen mehr Blutzucker aus dem Blut auf. Blutzuckerwerte bessern sich unter Umständen wieder. Falls weitergehende Untersuchungen nötig sein sollten, wird auch dies Thema des Abschlussgesprächs sein. Und natürlich können dann, falls nötig, gleich Impfungen aufgefrischt oder nachgeholt werden.
"Durch regelmäßige Vorsorge ist es möglich, spätere chronische Erkrankungen zu verhindern und so eine hohe Lebensqualität auch noch bis ins fortgeschrittene Alter zu erhalten", so Reis-Berkowicz. Diese Chance sollten Sie nutzen.

Quelle: Apotheken-Umschau

Sehr wirksame HPV-Impfung

Sehr wirksame HPV-Impfung

Humane Papillomviren (HPV) können Gebärmutterhalskrebs auslösen. Die HPV-Impfung, die das Risiko von Gebärmutterhalskrebs senken soll, hat sich als äußerst wirksam erwiesen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass bei Frauen, die rechtzeitig geimpft wurden, rund 90 Prozent weniger Tumore dieser Art auftreten. Die Ergebnisse wurden im New England Journal of Medicine veröffentlicht.

Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler über einen Zeitraum von elf Jahren die Gesundheitsregister von schwedischen Mädchen und Frauen im Alter von zehn bis 30 Jahren ausgewertet.

Quelle: Apotheken Umschau Dezember 2020

Rasanter Anstieg der Arbeitsausfälle

Rasanter Anstieg der Arbeitsausfälle

Zahl der Fehltage seit dem Jahr 2000 um 137 Prozent gestiegen / Krankmeldungen wegen Depressionen am häufigsten

In Deutschland ist die Zahl der Arbeitsausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen rasant gestiegen. Von 2000 bis 2019 gab es bei den Fehltagen aufgrund von psychischen Erkrankungen insgesamt einen Anstieg um 137 Prozent. Frauen waren wesentlich häufiger wegen Seelenleiden krankgeschrieben als ihre männlichen Kollegen. Das sind zentrale Ergebnisse des Psychoreports 2020 der DAK-Gesundheit.

Der aktuelle DAK-Psychoreport ist eine Langzeit-Analyse, für die das IGES Institut die anonymisierten Daten von über zwei Millionen erwerbstätigen Versicherten ausgewertet hat. Demnach erreichten die Krankschreibungen von Arbeitnehmern aufgrund von psychischen Leiden im Jahr 2019 mit rund 260 Fehltagen pro 100 Versicherte einen Höchststand. Der Blick auf die Einzel-Diagnosen zeigt, dass Depressionen und Anpassungsstörungen die meisten Ausfalltage verursachten. 2019 gingen 105 Fehltage je 100 Versicherte auf das Konto von Depressionen, bei den Anpassungsstörungen waren es 59. Auf Platz drei rangierten neurotische Störungen mit 26 Fehltagen je 100 Versicherte. Angststörungen kamen auf 19 Fehltage je 100 Versicherte.

„Enorme Herausforderung für die Gesellschaft“

„Psychische Erkrankungen sind nicht nur eine große Belastung für die Betroffenen, sie stellen unsere ganze Gesellschaft vor enorme Herausforderungen“, kommentiert DAK-Vorstandschef Andreas Storm die Ergebnisse. Vor allem die Ausfalltage wegen Anpassungsstörungen haben in den vergangenen Jahren rasant zugenommen: Seit 2000 hat sich ihre Anzahl bezogen auf 100 Versicherte vervierfacht. Storm begrüßt die Pläne der Bundesregierung, eine Offensive für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu starten. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte vor einer Woche gesagt, im Kampf gegen das Problem müssten Arbeitsmarktpolitik, Arbeitsschutz und Gesundheits- sowie Familienpolitik Hand in Hand gehen. „Zentral ist, dass auch Arbeitgeber psychische Belastungen und Probleme aus der Tabuzone holen und ihren Mitarbeitern Hilfe anbieten“, so Storm. „Beim betrieblichen Gesundheitsmanagement steht unsere Kasse Firmen zur Seite und unterstützt die Versorgung und Wiedereingliederung psychisch belasteter und kranker Arbeitnehmer.“

Frauen besonders betroffen

Wie der DAK-Report zeigt, nahmen die Fehlzeiten für psychische Erkrankungen bei beiden Geschlechtern mit dem Alter kontinuierlich zu. Frauen hatten 2019 erneut wesentlich mehr Fehltage wegen Seelenleiden als ihre männlichen Kollegen (328 Fehltage je 100 Versicherte gegenüber 203 Fehltagen bei Männern).

Die öffentliche Verwaltung hatte 2019 überproportional viel Arbeitsausfall aufgrund psychischer Erkrankungen. Die Branche lag mit 382 Fehltagen je 100 Beschäftigte 47 Prozent über dem DAK-Durchschnitt. Ebenfalls viele Fehltage wegen Seelenleiden hatten zudem das Gesundheitswesen mit 338 Fehltagen und der Bereich Verkehr, Lager und Kurierdienste (249 Tage).

Saarland bei Fehltagen vorn, Schlusslicht Baden-Württemberg

Bei den Fehltagen durch psychische Erkrankungen gab es deutliche regionale Unterschiede: Während im Saarland im vergangenen Jahr 340 Fehltage je 100 Versicherte mit den entsprechenden Diagnosen begründet wurden, waren es in Baden-Württemberg lediglich 207 Fehltagen je 100 Versicherte. Berlin und Brandenburg belegten mit 303 und 301 Fehltagen je 100 Versicherte die Plätze zwei und drei der Statistik.

Die DAK-Gesundheit ist eine der größten gesetzlichen Kassen in Deutschland und versichert 5,6 Millionen Menschen.

Quelle DAK Psychoreport 2020

Homeoffice – Wie sogar Sportmuffel gesund bleiben

Zu Hause bleiben, heißt auch viel zu sitzen. Das schadet der Gesundheit. Dabei reichen wenige Minuten Bewegung pro Tag schon aus

Mit dem Auto zur Arbeit fahren und im Büro wieder sitzen. Das sorgt für wenig Bewegung im Alltag. Durch die Kontaktbeschränkungen haben sogar viele das Büro im Schlafzimmer aufgebaut und müssen nur morgens vom Bett zum Stuhl rollen. Theoretisch sind die Beine kaum noch nötig.

Wer bisher nur den Eindruck hatte, dass seit dem Corona-Lockdown plötzlich alle joggen, bekommt nun statistisch recht. Die Deutschen machen mehr Sport. Das zeigt eine Erhebung der Deutschen Krankenversicherung (DKV) in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Ipsos, die im Mai unter mehr als 1000 Befragten erhoben wurde. Dabei zeigte die Erhebung in den vergangenen Jahren eigentlich immer einen Trend hin zu weniger körperlicher Aktivität. Die Krise hat das geändert.

„Viele Menschen haben befürchtet, dass der Lockdown den Bewegungsmangel weiter verschärfen könnte“, sagt Clemens Muth, Vorstandsvorsitzender der DKV. „Dahingehend überraschen die Ergebnisse positiv: Immerhin gut ein Viertel der Bevölkerung hat erkannt, wie wichtig es ist, aktiv zu sein.“

Seit dem Lockdown bewegen sich die Deutschen mehr

Die DKV hat in der Studie die Bewegungsgewohnheiten abgefragt. So gaben etwa 22 Prozent der Befragten an, mehr Rad zu fahren oder zu Hause Sport zu treiben. Gut ein Viertel läuft Strecken zu Fuß, die er oder sie zuvor mit dem Auto oder der Bahn gefahren ist. Fast 40 Prozent gaben an, mehr spazieren zu gehen.

Diese moderate Bewegung reicht schon aus, um gesund zu bleiben, heißt es bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie empfiehlt pro Woche 150 bis 300 Minuten moderate Bewegung. Das wären pro Tag ein Spaziergang von mindestens 21 bis 42 Minuten.

Wer länger durchhält, wird zusätzlich belohnt. Bei mehr als 300 Minuten Bewegung pro Woche sinkt das Risiko für Brust- oder Darmkrebs, Diabetes oder einen Schlaganfall.

Dynamischen Arbeitsplatz einrichten

Damit Arbeitnehmer, die vornehmlich sitzen, keine langfristigen Schäden davontragen, empfiehlt das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) zusätzlich einen möglichst dynamischen Arbeitsplatz.

Das heißt konkret, den Drucker oder den Papierkorb in den Flur zu stellen. So muss für jeden Ausdruck oder jede verworfene Idee aufgestanden und ein paar Schritte gegangen werden.

Möglich ist auch, den Videocall in ein Telefonat zu überführen und dabei im Zimmer auf und ab zu laufen.

Auch ein Steharbeitsplatz ist sinnvoll. Doch nicht in jedem Büro oder Homeoffice gibt es einen verstellbaren Schreibtisch. Die Lösung ist so simpel wie unkonventionell: Auf einer Kommode oder einem Regal zu arbeiten, kann eine echte Alternative darstellen. Bücher oder Kisten können als zusätzliche Erhöhung dienen.

Tipp: Die 40-15-5-Regel am Schreibtisch

So ist es auch möglich, die sogenannte 40-15-5-Regel einzuhalten: 40 Minuten sitzen, 15 Minuten stehen und dann 5 Minuten bewegen - damit auch der Körper in Bewegung bleibt.

Wenn die Gedanken nicht so fließen wollen, eignet sich während der Arbeitszeit auch mal ein Spaziergang. An der frischen Luft lösen sich Denkblockaden oft von alleine auf, weil der Körper das Stresshormon Cortisol nur bei Bewegung abbaut.

Wer regelmäßig kleinere Übungen oder sogar Bewegungsrituale, etwa nach jedem Toilettengang, einführt, kann damit nicht nur den Körper entspannen, sondern auch für eine bessere Konzentration sorgen.

Anleitungen auf Youtube suchen

Der Kreativität sind da keine Grenzen gesetzt: Von regelmäßigem Arm-, Schulter- Kopf- und Handkreisen bis hin zu Körperstreckungen oder sogar Hampelmännern ist alles erlaubt. „Und warum eigentlich nicht mal während der Arbeit tanzen?”, ermutigt das IFBG.

Videos mit Anleitung zu Nackentraining oder kurzen Yoga und Meditationsübungen gibt es bei Youtube zu Hauf.

Apropos Toilettengang: Allein der sorgt schon für ziemlich viel Bewegung. Je häufiger also, desto besser. Und das klappt am besten mit viel trinken, was ohnehin für die Gesundheit gut und wichtig ist.

 

Quelle: karriere.de 30.07.2020

Berufsunfähig wegen Krebs: Frauen trifft es öfter und früher

Berufsunfähig wegen Krebs: Frauen trifft es öfter und früher

Frauen werden häufiger und bereits in jüngerem Alter aufgrund von Krebs berufsunfähig. Bei Männern hingegen steigt der Anteil von Krebs als Ursache einer Berufsunfähigkeit erst ab 51 Jahren deutlich an. Dies zeigt eine Auswertung des Bestands von BU- Leistungsempfängern von Swiss Life Deutschland.

Von Berufsunfähigkeit aufgrund von Krebs sind Frauen häufiger und bereits in jüngeren Jahren betroffen als Männer. So werden Frauen zwischen 21 und 30 Jahren doppelt so oft wegen eines Krebsleidens berufsunfähig wie gleichaltrige Männer. In der Altersgruppe von 31 bis 40 Jahren trifft es das weibliche Geschlecht mit 15% anteilsmäßig sogar dreimal so häufig wie Männer. Dies geht aus einer Datenerhebung des Versicherers Swiss Life Deutschland hervor. Ausgewertet wurde der Bestand an Leistungsempfängern einer Berufsunfähigkeitsversicherung der vergangenen zehn Jahre.

Dagegen nimmt der prozentuale Anteil von Krebs als BU-Ursache bei den Männern mit 11% erst im Alter zwischen 51 und 60 Jahren deutlich zu. Doch auch in dieser Altersgruppe werden Frauen mit 16% anteilsmaßig öfter berufsunfähig infolge eines Krebsleidens als Männer.

Brustkrebs spielt wesentliche Rolle

Die hohen prozentualen Unterschiede zwischen den Geschlechtern bei der BU-Ursache Krebs wurden laut Swiss Life darauf schließen lassen, dass Brustkrebs hier eine wesentliche Rolle spiele. Denn die Diagnose Brustkrebs erhalten nicht selten auch jüngere Frauen. Da aufgrund des medizinischen Fortschritts und regelmäßiger Untersuchungen zur Früherkennung die Heilungschancen in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen sind und somit die Prognose in den meisten Fallen günstig ist, sei die Reaktivierungsrate entsprechend hoch. Die betroffenen Frauen können also häufig nach ein bis zwei Jahren wieder in ihren Beruf zurückkehren.

Prostatakrebs bei Männern ab 50

Bei Männern dagegen zeigt sich Prostatakrebs als die häufigste Krebsform, die meist erst ab Anfang 50 auftritt. Somit schlägt sich Krebs als Ursache fur eine BU erst relativ spät in den Statistiken nieder, so Swiss Life.

Aktuell erhalten mehrere Hunderte Kunden, die wegen eines Krebsleidens berufunfähig geworden sind, eine monatliche BU-Rentenzahlung von Swiss Life. Wie der Versicherer weiter mitteilt, beträgt der Anteil im betrachteten Zeitraum der vergangenen zehn Jahre konstant 10% aller Leistungsfälle. ,,Hauptursache fur eine Berufunfähigkeit sind psychische Erkrankungen, die in den letzten Jahren stark angestiegen sind. Bei Krebs erkennen wir glücklicherweise keinen Anstieg. Dennoch ist eine Krebserkrankung eine besondere Belastung fur Kunden, die nicht selten auch mit dem temporären Ausscheiden aus dem Berufsleben einhergeht", erklärt Stefan Holzer, Leiter Versicherungsproduktion und Mitglied der Geschaftsleitung von Swiss Life Deutschland.

60% der Deutschen fürchten eine Krebserkrankung

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag von Swiss Life hat zudem ergeben, dass 60% der Deutschen besonders Angst davor haben, an Krebs zu erkranken. Auf Platz 2 folgt mit einem Anteil von 47% die Furcht vor Schlaganfall. An 3. Stelle rangiert die Angst vor Demenz (42%). Fast jeder Zweite der Befragten hat im Familien- oder Freundeskreis jemanden, der an Krebs erkrankt ist. Viele der betroffenen konnten ihren Beruf mindestens sechs Monate oder länger nicht ausüben. Zugleich haben aber über 80% der Befragten keine Berufunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. ,,Diese Zahlen belegen leider deutlich, dass immer noch zu viele Menschen die Bedeutung einer Absicherung ihrer Arbeitskraft unterschätzen", unterstreicht Holzer.

Quelle: Swiss Life Deutschland 06.2020

Ärztin im Krankenhaus

30 Prozent weniger Patienten in der Kardiologie – Ärzte werden stutzig

In der Corona-Krise kommen nur noch wenige Patienten mit akuten anderen Leiden in deutsche Kliniken. Da niemand an einen plötzlichen Einbruch der Schlaganfall-Zahlen glaubt, beschleicht die Mediziner eine böse Vorahnung.

Mediziner und Krankenhäuser beobachten in der Corona-Krise einen beunruhigenden Trend. Wohl aus Angst vor einer Infektion kommen sehr viel weniger Patienten mit akutem Behandlungsbedarf in die Kliniken. „Wir stellen fest, dass Diagnosen wie Schlaganfallverdacht, Herzinfarkt oder Blinddarmentzündung deutlich nachgelassen haben“, sagt Siegfried Hasenbein, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft in München. Gleiches gilt für Krebspatienten.

Eine genaue Statistik gibt es noch nicht, aber Mediziner registrieren das Phänomen deutschlandweit: „Wir haben auf einmal sehr viel weniger Patienten mit dringenden Symptomen“, sagt der Lungenkrebsspezialist Niels Reinmuth, Chefarzt für Thorakale Onkologie an der Asklepios Fachklinik in Gauting bei München. „Das ist etwas, das wir alle beobachten.“

Zahlen nennt das Klinikum Nürnberg: Demnach gibt es bei den stationären Aufnahmen einen deutlichen Rückgang einzelner Diagnosen, der sich vor allem seit der elften Kalenderwoche bemerkbar macht. „In die kardiologische Notaufnahme kommen zwischen 20 und 30 Prozent weniger Patienten zur Abklärung unklarer Brustschmerzen“, teilt das Krankenhaus mit. Und in der neurologischen Notaufnahme gibt es demnach im Vergleich zu 2019 deutliche Rückgänge bei Schlaganfallverdachtsfällen von minus 30 Prozent.

Ein Sprecher der DAK-Gesundheit sagte gegenüber WELT, im März seien laut einer Sonderanalyse der Krankenkasse 25 Prozent weniger Menschen mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert worden als im März 2018 und 2019.

2018 gab es 210.000 Herzinfarkte und etwa 300.000 Schlaganfälle in Deutschland. Dass sich diese Zahlen wegen der Corona-Epidemie plötzlich verringert haben, glaubt niemand in der medizinischen Gemeinde.

„Es muss aber vermieden werden, dass Angst vor dem Virus andere Krankheiten und Todesfälle verursacht“, sagt ein Sprecher der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

Die größte medizinische Krise der vergangenen Jahrzehnte hat für die Krankenhäuser bisher die eigenartige Folge einer außergewöhnlich schwachen Auslastung. Die befürchtete Welle von Corona-Patienten ist zur Erleichterung aller Beteiligten ausgeblieben. Alle planbaren Behandlungen wurden verschoben.

So sind in Bayerns Kliniken nach Angaben der örtlichen Krankenhausgesellschaft derzeit im Schnitt zwischen 40 und 60 Prozent der Betten nicht belegt. „Auch auf den Intensivstationen sind noch Kapazitäten frei“, sagt Geschäftsführer Hasenbein. In Nordrhein-Westfalen ist die Lage ähnlich. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft schätzt, dass derzeit bundesweit 150.000 Betten frei sind.

„Kein erhöhtes Ansteckungsrisiko für andere Patienten“

Auch die Rettungsdienste haben vergleichsweise wenig zu tun: „In den letzten Wochen nehmen wir einen stetigen Rückgang an Krankentransporte wahr“, heißt es beim Bayerischen Roten Kreuz in München. Deswegen sollen die Krankenhäuser nun schrittweise wieder in den Regelbetrieb wechseln.

Aus ärztlicher Sicht besorgniserregend ist der unerwartete Rückgang der Patienten mit akuten Symptomen. Dabei tun die Häuser alles, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren: Corona-Infektionen werden getrennt von allen anderen Patienten behandelt.

„Mit der abgetrennten Station und der Zimmerisolierung besteht kein erhöhtes Ansteckungsrisiko für andere Patienten“, heißt es etwa bei der Asklepios-Klinik im oberbayerischen Bad Tölz. Das Muster ist bundesweit gleich, die Kliniken folgen den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts.

„Sorge, dass im Sommer viele Patienten kommen, die besser vier Monate früher gekommen wären“

Patienten mit akuten Erkrankungen laufen große Gefahr, wenn sie nicht zum Arzt gehen. „Wenn man akuten Behandlungsbedarf nicht erkennt, riskiert man möglicherweise lebensbedrohliche Probleme“, sagt der Gautinger Chefarzt Reinmuth. „Bei einem Tumor kann eine Verzögerung bedeuten, dass die Erkrankung gar nicht mehr oder mit sehr viel schlechteren Heilungschancen behandelt werden kann.“

Viele Ärztinnen und Ärzten treibt daher in diesen Tagen eine Frage um: „Wir haben die Sorge, dass wir im Sommer viele Patienten bekommen werden, die besser vier Monate früher gekommen wären“, sagte der Onkologe.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) appelliert an die Bürger: „Wer Symptome etwa auf einen Herzinfarkt oder auf eine andere schwerwiegende Erkrankung verspürt, sollte sich unbedingt vom Arzt untersuchen lassen.“ Allerdings sind alle Patienten gebeten, zunächst telefonisch Kontakt aufzunehmen und das weitere Vorgehen abzuklären.

Quelle: WELT 23.04.2020

 

Krebszellen

Weltkrebstag: WHO warnt vor Verdopplung der Krebsfälle

2018 erkrankten weltweit 18,1 Millionen Menschen neu an Krebs. Im Jahr 2040 könnten es laut einer Prognose der Krebsforschungsagentur IARC bis zu 37 Millionen neue Fälle sein.

Eine Ursache ist die wachsende und alternde Weltbevölkerung. Aber auch "Lebensstilfaktoren" wie Rauchen, Übergewicht und falsche Ernährung können das Risiko erhöhen.

In Deutschland überleben derzeit 65 Prozent aller an Krebs erkrankten Menschen für mindestens fünf Jahre.

WHO warnt vor Verdopplung der Krebsfälle

Die Zahl der Krebsfälle weltweit dürfte sich nach einer Prognose der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis 2040 fast verdoppeln. Das geht aus dem alle fünf Jahre erstellten Weltkrebsreport der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) hervor. 2018 erkrankten demnach weltweit 18,1 Millionen Menschen neu an Krebs, 9,6 Millionen Menschen starben daran. Im Jahr 2040 dürften etwa 29 bis 37 Millionen Menschen neu an Krebs erkranken, berichtet die IARC zum Weltkrebstag an diesem Dienstag.

Auch der Chef des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Michael Baumann, geht von einer solchen Entwicklung aus. Gründe seien die wachsende und älter werdende Weltbevölkerung, aber auch "Lebensstilfaktoren", sagte Baumann am Montag in Berlin. Für Deutschland erwarte man einen Anstieg der jährlichen Neuerkrankungen von derzeit 500 000 auf dann etwa 600 000 Fälle.

Krebs zu überleben ist auch eine Frage des Wohlstands

Baumann rief die Menschen zu einer gesundheitsbewussteren Lebensweise auf. "Nach heutigem Wissensstand könnte man, wenn man alles das einhält, was wir derzeit wissen, tatsächlich 40 Prozent der Krebserkrankungen durch primäre Prävention verhindern." Baumann nannte Punkte, die zwar viele Menschen wüssten, die aber trotzdem nicht gut umgesetzt würden: nicht rauchen, kein Übergewicht, körperliche Aktivität, gesunde Ernährung, wenig oder kein Alkohol und "alle Impfungen und Vorsichtsmaßnahmen wahrnehmen, die gegen Krebserkrankungen empfohlen werden".

In Deutschland überlebten derzeit 65 Prozent aller an Krebs erkrankten Menschen für mindestens fünf Jahre. Damit sei Deutschland zwar international weit vorn. Das bedeute aber auch, "dass 35 Prozent aller Mitbürger, die an Krebs erkranken, eben nicht fünf Jahre überleben". Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) erkrankt in Deutschland fast jeder Zweite an Krebs: Bei Frauen beträgt das Lebenszeitrisiko 42,6 Prozent, bei Männern 47,5 Prozent.

Krebs zu überleben sei auch eine Frage des Wohlstands, so die IARC, die zur WHO gehört. Sowohl Betroffene in ärmeren Ländern als auch ärmere Bevölkerungsschichten in reichen Ländern hätten geringere Überlebenschancen. Die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu sterben, sei in Ländern mit hohen Einkommen zwischen 2000 und 2015 um 20 Prozent gesunken, in Ländern mit niedrigen Einkommen nur um 5 Prozent.

Quelle SZ 04.02.2020