Aktuelles

Ärztin im Krankenhaus

30 Prozent weniger Patienten in der Kardiologie – Ärzte werden stutzig

In der Corona-Krise kommen nur noch wenige Patienten mit akuten anderen Leiden in deutsche Kliniken. Da niemand an einen plötzlichen Einbruch der Schlaganfall-Zahlen glaubt, beschleicht die Mediziner eine böse Vorahnung.

Mediziner und Krankenhäuser beobachten in der Corona-Krise einen beunruhigenden Trend. Wohl aus Angst vor einer Infektion kommen sehr viel weniger Patienten mit akutem Behandlungsbedarf in die Kliniken. „Wir stellen fest, dass Diagnosen wie Schlaganfallverdacht, Herzinfarkt oder Blinddarmentzündung deutlich nachgelassen haben“, sagt Siegfried Hasenbein, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft in München. Gleiches gilt für Krebspatienten.

Eine genaue Statistik gibt es noch nicht, aber Mediziner registrieren das Phänomen deutschlandweit: „Wir haben auf einmal sehr viel weniger Patienten mit dringenden Symptomen“, sagt der Lungenkrebsspezialist Niels Reinmuth, Chefarzt für Thorakale Onkologie an der Asklepios Fachklinik in Gauting bei München. „Das ist etwas, das wir alle beobachten.“

Zahlen nennt das Klinikum Nürnberg: Demnach gibt es bei den stationären Aufnahmen einen deutlichen Rückgang einzelner Diagnosen, der sich vor allem seit der elften Kalenderwoche bemerkbar macht. „In die kardiologische Notaufnahme kommen zwischen 20 und 30 Prozent weniger Patienten zur Abklärung unklarer Brustschmerzen“, teilt das Krankenhaus mit. Und in der neurologischen Notaufnahme gibt es demnach im Vergleich zu 2019 deutliche Rückgänge bei Schlaganfallverdachtsfällen von minus 30 Prozent.

Ein Sprecher der DAK-Gesundheit sagte gegenüber WELT, im März seien laut einer Sonderanalyse der Krankenkasse 25 Prozent weniger Menschen mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert worden als im März 2018 und 2019.

2018 gab es 210.000 Herzinfarkte und etwa 300.000 Schlaganfälle in Deutschland. Dass sich diese Zahlen wegen der Corona-Epidemie plötzlich verringert haben, glaubt niemand in der medizinischen Gemeinde.

„Es muss aber vermieden werden, dass Angst vor dem Virus andere Krankheiten und Todesfälle verursacht“, sagt ein Sprecher der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

Die größte medizinische Krise der vergangenen Jahrzehnte hat für die Krankenhäuser bisher die eigenartige Folge einer außergewöhnlich schwachen Auslastung. Die befürchtete Welle von Corona-Patienten ist zur Erleichterung aller Beteiligten ausgeblieben. Alle planbaren Behandlungen wurden verschoben.

So sind in Bayerns Kliniken nach Angaben der örtlichen Krankenhausgesellschaft derzeit im Schnitt zwischen 40 und 60 Prozent der Betten nicht belegt. „Auch auf den Intensivstationen sind noch Kapazitäten frei“, sagt Geschäftsführer Hasenbein. In Nordrhein-Westfalen ist die Lage ähnlich. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft schätzt, dass derzeit bundesweit 150.000 Betten frei sind.

„Kein erhöhtes Ansteckungsrisiko für andere Patienten“

Auch die Rettungsdienste haben vergleichsweise wenig zu tun: „In den letzten Wochen nehmen wir einen stetigen Rückgang an Krankentransporte wahr“, heißt es beim Bayerischen Roten Kreuz in München. Deswegen sollen die Krankenhäuser nun schrittweise wieder in den Regelbetrieb wechseln.

Aus ärztlicher Sicht besorgniserregend ist der unerwartete Rückgang der Patienten mit akuten Symptomen. Dabei tun die Häuser alles, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren: Corona-Infektionen werden getrennt von allen anderen Patienten behandelt.

„Mit der abgetrennten Station und der Zimmerisolierung besteht kein erhöhtes Ansteckungsrisiko für andere Patienten“, heißt es etwa bei der Asklepios-Klinik im oberbayerischen Bad Tölz. Das Muster ist bundesweit gleich, die Kliniken folgen den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts.

„Sorge, dass im Sommer viele Patienten kommen, die besser vier Monate früher gekommen wären“

Patienten mit akuten Erkrankungen laufen große Gefahr, wenn sie nicht zum Arzt gehen. „Wenn man akuten Behandlungsbedarf nicht erkennt, riskiert man möglicherweise lebensbedrohliche Probleme“, sagt der Gautinger Chefarzt Reinmuth. „Bei einem Tumor kann eine Verzögerung bedeuten, dass die Erkrankung gar nicht mehr oder mit sehr viel schlechteren Heilungschancen behandelt werden kann.“

Viele Ärztinnen und Ärzten treibt daher in diesen Tagen eine Frage um: „Wir haben die Sorge, dass wir im Sommer viele Patienten bekommen werden, die besser vier Monate früher gekommen wären“, sagte der Onkologe.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) appelliert an die Bürger: „Wer Symptome etwa auf einen Herzinfarkt oder auf eine andere schwerwiegende Erkrankung verspürt, sollte sich unbedingt vom Arzt untersuchen lassen.“ Allerdings sind alle Patienten gebeten, zunächst telefonisch Kontakt aufzunehmen und das weitere Vorgehen abzuklären.

Quelle: WELT 23.04.2020

 

Krebszellen

Weltkrebstag: WHO warnt vor Verdopplung der Krebsfälle

2018 erkrankten weltweit 18,1 Millionen Menschen neu an Krebs. Im Jahr 2040 könnten es laut einer Prognose der Krebsforschungsagentur IARC bis zu 37 Millionen neue Fälle sein.

Eine Ursache ist die wachsende und alternde Weltbevölkerung. Aber auch "Lebensstilfaktoren" wie Rauchen, Übergewicht und falsche Ernährung können das Risiko erhöhen.

In Deutschland überleben derzeit 65 Prozent aller an Krebs erkrankten Menschen für mindestens fünf Jahre.

WHO warnt vor Verdopplung der Krebsfälle

Die Zahl der Krebsfälle weltweit dürfte sich nach einer Prognose der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis 2040 fast verdoppeln. Das geht aus dem alle fünf Jahre erstellten Weltkrebsreport der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) hervor. 2018 erkrankten demnach weltweit 18,1 Millionen Menschen neu an Krebs, 9,6 Millionen Menschen starben daran. Im Jahr 2040 dürften etwa 29 bis 37 Millionen Menschen neu an Krebs erkranken, berichtet die IARC zum Weltkrebstag an diesem Dienstag.

Auch der Chef des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Michael Baumann, geht von einer solchen Entwicklung aus. Gründe seien die wachsende und älter werdende Weltbevölkerung, aber auch "Lebensstilfaktoren", sagte Baumann am Montag in Berlin. Für Deutschland erwarte man einen Anstieg der jährlichen Neuerkrankungen von derzeit 500 000 auf dann etwa 600 000 Fälle.

Krebs zu überleben ist auch eine Frage des Wohlstands

Baumann rief die Menschen zu einer gesundheitsbewussteren Lebensweise auf. "Nach heutigem Wissensstand könnte man, wenn man alles das einhält, was wir derzeit wissen, tatsächlich 40 Prozent der Krebserkrankungen durch primäre Prävention verhindern." Baumann nannte Punkte, die zwar viele Menschen wüssten, die aber trotzdem nicht gut umgesetzt würden: nicht rauchen, kein Übergewicht, körperliche Aktivität, gesunde Ernährung, wenig oder kein Alkohol und "alle Impfungen und Vorsichtsmaßnahmen wahrnehmen, die gegen Krebserkrankungen empfohlen werden".

In Deutschland überlebten derzeit 65 Prozent aller an Krebs erkrankten Menschen für mindestens fünf Jahre. Damit sei Deutschland zwar international weit vorn. Das bedeute aber auch, "dass 35 Prozent aller Mitbürger, die an Krebs erkranken, eben nicht fünf Jahre überleben". Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) erkrankt in Deutschland fast jeder Zweite an Krebs: Bei Frauen beträgt das Lebenszeitrisiko 42,6 Prozent, bei Männern 47,5 Prozent.

Krebs zu überleben sei auch eine Frage des Wohlstands, so die IARC, die zur WHO gehört. Sowohl Betroffene in ärmeren Ländern als auch ärmere Bevölkerungsschichten in reichen Ländern hätten geringere Überlebenschancen. Die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu sterben, sei in Ländern mit hohen Einkommen zwischen 2000 und 2015 um 20 Prozent gesunken, in Ländern mit niedrigen Einkommen nur um 5 Prozent.

Quelle SZ 04.02.2020

Junge streckt Zunge raus

Vier von fünf Jugendlichen bewegen sich zu wenig

Erstmals wurde weltweit untersucht, wie gesund Jugendliche leben. Ein Problem eint dabei alle Teenager: Sie bewegen sich viel zu wenig. Kaum Lust auf sportliche Aktivitäten haben dabei insbesondere die Mädchen.
Eine Stunde Bewegung am Tag ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausreichend für Kinder und Jugendliche – doch selbst die schaffen nur wenige. Laut einer WHO-Studie bewegt sich weltweit nur ein Fünftel der Elf- bis 17-Jährigen so viel.

Auch deutsche Jugendliche schneiden in der Studie schlecht ab: 79,7 Prozent der Jungen und sogar 87,9 Prozent der Mädchen waren 2016 körperlich nicht aktiv genug. Im Vergleich zum Jahr 2001 haben sich die Zahlen für Deutschland kaum verändert, auch weltweit gab es nur geringe Verbesserungen.
Der Bericht, der in der Fachzeitschrift „Lancet Child & Adolescent Health“ veröffentlicht wurde, basiert auf Umfragedaten aus den Jahren 2001 bis 2016. Dabei wurden 1,6 Millionen Schüler zwischen elf und 17 Jahren in 146 Ländern befragt.

Lieber Smartphone statt Sport

Warum sich die Jugendlichen so wenig bewegen, wurde nicht erforscht. Dennoch haben die Forscher eine Vermutung: „Wir hatten eine elektronische Revolution, die die Bewegungsmuster von Jugendlichen offensichtlich verändert hat – und sie dazu anregt, mehr zu sitzen, weniger aktiv zu sein, mehr zu fahren, weniger zu gehen“, sagt Leanne Riley, eine der Co-Autorinnen der Studie. Die Jugendlichen spielten lieber digital, statt wirklich aktiv zu sein.

Ein weiterer Grund für fehlende körperliche Aktivität sei zudem die Frage der Sicherheit in manchen Umfeldern. „Es gibt Umfelder, in denen wird es immer gefährlicher, draußen zu sein und aktiv zu sein. Wenn es nicht sicher genug ist, draußen zu sein, dann gehen Jugendliche auch weniger zu Fuß zur Schule oder fahren mit dem Fahrrad“, so Riley.

Der für Deutschland zu beobachtende Unterschied zwischen Jungen und Mädchen findet sich auch auf globaler Ebene wieder: Während sich 77,6 Prozent der Jungen nicht ausreichend bewegen, sind es bei den Mädchen 84,7 Prozent. Die größten Unterschiede zwischen den Geschlechtern wurden in Irland (17 Prozentpunkte) und den USA (16,5 Prozentpunkte) festgestellt.

Die unbeweglichsten Kinder leben in Südkorea

„Hier wirken sich auch kulturelle Aspekte aus. In manchen Kulturen ist es nicht vorgesehen, dass Mädchen so aktiv sind wie Jungen, oder sie werden nicht ermutigt, sich so viel zu bewegen wie die Jungen“, erklärt Riley. Insgesamt war der Anteil an inaktiven Kindern in Südkorea am höchsten, während er in Bangladesch am niedrigsten war.

Die WHO hatte eigentlich das Ziel ausgegeben, den Anteil der Jugendlichen mit zu wenig Bewegung bis 2030 auf 70 Prozent zu senken. „Dieses Ziel können wir nicht einhalten, wenn sich diese Trends fortsetzen“, macht Regina Guthold, Studienautorin und WHO-Expertin für die Gesundheit von Jugendlichen, deutlich.

Quelle WELT 22.11.2019

Immer mehr Menschen erleiden Infarkt, dabei ist der Schutz simpel

Immer mehr Menschen erleiden Infarkt, dabei ist der Schutz simpel

Etwa 300.000 Deutsche erleiden jedes Jahr einen Herzinfarkt. Dabei gibt es vier entscheidende Faktoren für die Herzgesundheit, die Sie größtenteils selbst in der Hand haben. Ulf Landmesser, Direktor der Klinik für Kardiologie an der Charité in Berlin, verrät, wie Sie Ihr Herz ganz einfach gesund halten können.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Allein Herzinfarkte erleiden jedes Jahr etwa 300.000 Deutsche. Dabei wäre die Vorsorge simpel: Mit kleinen Veränderungen in ihrem Alltag können Sie Ihre Herzgesundheit deutlich steigern.

FOCUS Online hat Ulf Landmesser, den Direktor der Klinik für Kardiologie an der Berliner Charité gesprochen. Er erklärt die entscheidenden Faktoren für einen gesunden Lebensstil - und nicht nur das Herz profitiert von ihnen:

Das Rauchen aufgeben

Rauchen ist einer der Hauptrisikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen. Es begünstigt die Entstehung von Arteriosklerose, also der Verkalkung der Gefäße. Tabakrauch verengt zusätzlich die Blutgefäße und sorgt so für einen erhöhten Blutdruck. Aber auch die Sauerstoffversorgung des Herzmuskels leidet unter ihm.

Wer mit dem Rauchen aufhört, bei dem verbessert sich bereits nach kurzer Zeit die Sauerstoffversorgung des Herzmuskels und der Blutdruck sinkt. Nach etwa zwei Jahren haben Ex-Raucher ein ebenso hohes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen wie Nichtraucher.

Regelmäßig Ausdauersport betreiben

Auch zu wenig Bewegung ist laut Landmesser ein Risikofaktor für Herzerkrankungen. Kardiologen empfehlen, mindestens drei Mal pro Woche Ausdauersport zu betreiben - für etwa 30 Minuten.

Das senke das Erkrankungsrisiko erheblich, indem es Herzgefäße und Herzfunktion unterstützt. Außerdem hebe Ausdauersport die Stimmung, was sich auch positiv auf das Gemüt auswirkt.

Auf eine gesunde Ernährung achten

Herzgesundheit geht durch den Magen: Ulf Landmesser empfiehlt, für ein gesundes Herz auf gesunde Nahrung zu achten. Dafür sollten Sie auf eine Mischung aus Obst und Gemüse, guten Ölen, Fisch und magerem Fleisch setzen. Verzichten sollten Sie hingegen auf rotes und fettiges Fleisch sowie zuckerhaltige Lebensmittel.

Angeborene Risikofaktoren abchecken lassen

Auch, wenn Sie gesund leben, nicht rauchen und sich gut ernähren kann ein Restrisiko bestehen, wenn sie familiär oder genetisch vorbelastet sind. Leidet jemand aus Ihrer Familie an einer Herzkrankheit oder haben Sie einen angeborenen Herzfehler? Wenn Sie eine dieser Fragen mit "Ja" beantworten können oder sich nicht sicher sind, sollten Sie sich einmal bei einem Kardiologen durchchecken lassen, um mögliche Vorbelastungen auszuschließen. Mit einer frühen Erkennung und dem Management von Risikofaktoren, wie erhöhtem Blutdruck oder Lipidwerten, kann häufig ein Herzinfarkt vermieden werden.

Quelle FOCUS Online 02.09.2019

DAK Psychoreport

DAK-Psychoreport 2019: dreimal mehr Fehltage als 1997

In Deutschland fehlte im vergangenen Jahr jeder 18. Arbeitnehmer wegen einer psychischen Erkrankung im Job. Ausgehend von den Daten der DAK-Gesundheit waren damit hochgerechnet 2,2 Millionen Menschen betroffen. Seit 1997 hat sich die Anzahl der Fehltage, die von Depressionen oder Anpassungsstörungen verursacht werden, mehr als verdreifacht. Am häufigsten fehlen Arbeitnehmer mit der Diagnose Depression. Fehltage wegen Anpassungsstörungen stiegen in den vergangenen Jahren besonders deutlich an. Das sind zentrale Ergebnisse des Psychoreports 2019 der DAK-Gesundheit.

Der aktuelle DAK-Psychoreport ist eine Langzeit-Analyse, für die das IGES Institut die anonymisierten Daten von rund 2,5 Millionen erwerbstätigen Versicherten ausgewertet hat. Demnach erreichten die Krankschreibungen von Arbeitnehmern aufgrund von psychischen Leiden im Jahr 2017 mit 250 Fehltagen pro 100 Versicherte einen Höchststand. 2018 gingen sie erstmals leicht um 5,6 Prozent auf 236 Fehltage pro 100 Versicherte zurück. Seelenleiden lagen damit im vergangenen Jahr bundesweit auf dem dritten Platz der Krankheitsarten.

Depressionen mit den meisten Fehltagen

Der Blick auf die Einzel-Diagnosen zeigt, dass Depressionen und Anpassungsstörungen nach wie vor die meisten Ausfalltage verursachen. 2018 gingen 93 Fehltage je 100 Versicherte auf das Konto von Depressionen, bei den Anpassungsstörungen waren es 51. Auf Platz drei rangieren neurotische Störungen mit 23 Fehltagen je 100 Versicherte. Angststörungen kommen auf 16 Fehltage je 100 Versicherte.

Der aktuelle DAK-Psychoreport zeigt auch, dass vor allem Ausfalltage wegen Anpassungsstörungen in den vergangenen Jahren rasant zugenommen haben: Seit 2000 haben sie sich fast verdreifacht – auf jetzt 51 Fehltage je 100 Versicherte. DAK-Vorstandschef Andreas Storm führt diese Entwicklung auch auf einen offeneren Umgang mit psychischen Erkrankungen zurück, denn aus wissenschaftlicher Sicht sind diese seit Jahrzehnten in der Bevölkerung nahezu gleich verbreitet. „Vor allem beim Arzt-Patienten-Gespräch sind psychische Probleme heutzutage kein Tabu mehr“, so Storm. „Deshalb wird auch bei Krankschreibungen offener damit umgegangen.“ In Betrieben sehe dies aber oft noch anders aus. Storm fordert deshalb: „Auch Arbeitgeber müssen psychische Belastungen und Probleme aus der Tabuzone holen und ihren Mitarbeitern Hilfe anbieten.“

Burnout wird wieder öfter diagnostiziert

Seit 2012 hat die Zusatzdiagnose Burnout im Krankheitsgeschehen deutlich an Relevanz verloren. So halbierte sich die Anzahl der Fehltage in den vergangenen sechs Jahren nahezu. Allerdings wurde Burnout 2018 im Vergleich zum Vorjahr wieder etwas öfter auf Krankschreibungen notiert (5,3 Fehltage je 100 Versichert zu 4,6 Fehltage je 100 Versicherte). Beim Blick auf das Alter fehlten Arbeitnehmer „60plus“ mit neun Fehltagen je 100 Versicherte am meisten wegen Burnout im Job. Insgesamt steigen die Fehltage aufgrund von Burnout mit dem Alter an. Erst vor kurzem hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Burnout als Syndrom eingestuft. Dieses entstehe aufgrund von chronischem Stress am Arbeitsplatz, der nicht erfolgreich verarbeitet werde.

Besonders viele Fehltage bei Frauen

Wie der DAK-Report zeigt, nimmt die Zahl der Fehltage für psychische Erkrankungen bei beiden Geschlechtern mit dem Alter kontinuierlich zu. Frauen waren 2018 knapp doppelt so oft wegen Seelenleiden krankgeschrieben als ihre männlichen Kollegen (298 Fehltage je 100 Versicherte gegenüber 183 Fehltagen bei Männern).

Psychische Erkrankungen besonders in der öffentlichen Verwaltung verbreitet

Die Branchen „Öffentliche Verwaltung“ sowie „Gesundheitswesen“ weisen überproportional viele Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen auf. So verursachten 100 Beschäftigte in der Öffentlichen Verwaltung im Jahr 2018 358 Fehltage. Im Gesundheitswesen waren es 321 Ausfalltage. Im Schnitt über alle Branchen hinweg kam es zu knapp 236 Fehltagen.

Saarland bei Fehltagen vorn, Schlusslicht Bayern

Bei den Fehltagen durch psychische Erkrankungen gibt es deutliche regionale Unterschiede: Während im Saarland im vergangenen Jahr 312 Fehltage je 100 Versicherte mit den entsprechenden Diagnosen begründet wurden, waren es in Bayern lediglich 193. Auch die Baden-Württemberger blieben mit 214 Fehltagen je 100 Versicherte vergleichsweise selten mit psychischen Problemen der Arbeit fern. Bremen und Berlin belegen mit 218 und 279 Fehltagen je 100 Versicherte die Plätze zwei und drei der Statistik. Die ostdeutschen Bundesländer bewegen sich bei den Ausfalltagen aufgrund von psychischen Erkrankungen im Mittelfeld.

Quelle DAK Psychoreport 2019 - 25.07.2019

Sehr wirksame HPV-Impfung

Das ist die häufigste Ursache für Berufsunfähigkeit

Burn-out und andere psychische Erkrankungen sind die häufigste Ursache für Berufsunfähigkeit, zeigt die Analyse eines Lebensversicherers. Das hat mit steigender Belastung zu tun, sagt ein Experte – aber auch mit einer gesellschaftlichen Veränderung.

Wenn Menschen an Burn-out, Depressionen oder Angststörungen leiden, kann das zu Einschränkungen im Job, Fehlzeiten oder sogar zur Berufsunfähigkeit führen. Immer mehr Menschen in Deutschland scheinen aufgrund solcher psychischer Erkrankungen sogar berufsunfähig zu werden. Das legt eine Auswertung der Daten des Versicherers Swiss Life nahe. Demnach waren diese Leiden im vergangenen Jahr mit 37 Prozent die häufigste Ursache für eine Berufsunfähigkeit. 2009 waren es noch 26,6 Prozent.

„Einerseits ist die psychische Belastung in der Arbeitswelt gestiegen“, erklärt Ulf Rinne vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA), „nicht zuletzt durch die zunehmende Entgrenzung von Arbeit und Freizeit.“ Das könne zu Überforderung und Stress auf der Arbeit führen. „Andererseits sind psychische Erkrankungen nicht mehr so stigmatisiert und werden tendenziell häufiger diagnostiziert.“

Bei Frauen gehen laut der Swiss-Life-Auswertung 44 Prozent der Berufsunfähigkeiten auf eine psychische Erkrankung zurück, bei Männern sind es lediglich 28 Prozent. Außerdem werden Frauen häufiger bereits in jungen Jahren psychisch krank, bei Männern treten diese Diagnosen erst in der zweiten Lebenshälfte vermehrt auf.

Die zweithäufigste Ursache für Berufsunfähigkeit sind laut der Auswertung Krankheiten des Bewegungsapparats (24 Prozent). Danach folgen Unfälle (14 Prozent), Krebserkrankungen (9 Prozent) sowie Herz- und Kreislauferkrankungen (8 Prozent). Das Unfallrisiko ist wiederum bei jungen Männern bis 30 Jahren am höchsten. Jede dritte Berufsunfähigkeit in dieser Gruppe ist die Folge eines Unfalls; bei Frauen ist es nur jeder zehnte Fall.

Insgesamt muss nach Berechnungen von Versicherungen rund jeder Vierte im Laufe seines Arbeitslebens den zuletzt ausgeübten Beruf einschränken oder aufgeben. Eine Berufsunfähigkeit ist aber nicht zwangsläufig dauerhaft. Durch Therapien oder Reha-Maßnahmen können betroffene Personen ganz oder teilweise genesen und in das Berufsleben zurückkehren. Auch Umschulungen sind eine Möglichkeit, um wieder arbeiten zu können. Männern gelingt die Rückkehr an den Arbeitsmarkt häufiger als Frauen. Eine Erklärung: Psychische Leiden, an denen Frauen häufiger leiden, sind tendenziell langwieriger als andere Erkrankungen.

Auch die Rentenversicherung registriert in den vergangenen zehn Jahren eine besonders starke Zunahme psychischer Erkrankungen: 2018 wurden über 170.000 stationäre Rehabilitationen wegen psychischer Krankheiten bewilligt, über 50.000 mehr als zehn Jahre zuvor.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte von der Bundesregierung konkrete Schritte, um Beschäftigte besser zu schützen. Sie solle eine „Anti-Stress-Verordnung“ auf den Weg bringen, erklärte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. „Die Betriebe brauchen eine Richtschnur für einen besseren Schutz der Arbeitnehmer vor psychischen Belastungen.“

 

Quelle: WELT 25.04.2019

Beste Sportarten

Die besten Sportarten für die neue Hüfte

Walking statt Wrestling, Rudern statt Rugby, Golf statt Hockey: Warum Low Impact oder Bewegung ohne Überlastung für ein langes Implantat-Leben sorgt.

Mit der zweiten geht man besser. Nicht jeder Besitzer eines Hüftprothesen-Passes wird das jetzt uneingeschränkt bestätigen. Das ändert aber nichts daran, dass die mittlerweile fast hundertjährige Geschichte der Endoprothetik als eine Erfolgsstory gilt, vor allem in den letzten 20 Jahren.

Neue Hüftgelenke sind heute nahezu so belastbar wie das originäre Modell, und beim Sport ist „ob” längst nicht mehr die Frage, sondern „was” und „wie”. Die dazu passende Formel der Fachleute, vom Orthopäden bis zum Sportmediziner, lautet: Low Impact statt High Impact. Auf Deutsch: Bewegung ohne Überlastung und zu hohe Ansprüche. Wandern statt Wrestling, Golf statt Hockey, Rudern statt Rugby.

Früher begannen mit dieser „Versuch´s mal mit mehr Gemütlichkeit”-Variante alle Probleme. Ärzte rieten ihren Patienten lieber, das künstliche Gelenk zu schonen, um vorzeitigem Verschleiß vorzubeugen. Das Gespenst der „Abriebpartikel” ging um, im
Wortsinne, es löste rund um die Prothese Entzündungen aus und schädigte die echte Substanz dermaßen, dass sich das Kunstgelenk lockerte. Eine aufwendige Wechseloperation wurde notwendig.

Inzwischen sind solche Risiken deutlich geringer. Die Entwicklung ist bei hoch widerstandsfähigen Materialien angekommen, die den echten Knochen idealerweise optimal nachahmen, sich mit dem umliegenden Gewebe prima vertragen und quasi in natürlichem Maß abreiben. Normal ist, dass im Lauf der Jahre Prothesenkomponenten verschleißen und/oder der Knochen abnutzt. Nicht normal ist, wenn sich ein künstliches Gelenk lockert. Auch nicht nach zig Millionen Mal drehen, beugen, kippen.

Bei der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik (AE),die am 7. und 8. Dezember in Düsseldorf ihren Jahreskongress „Endoprothetik auf der Suche nach Perfektion” veranstaltet hat, legt man deshalb großen Wert auf die Feststellung: Nach derzeitigem Wissen ist ein qualitativ hochwertiges, stabil verankertes Hüftmodell mit verschleißresistenten Materialien wichtiger für ein gutes Langzeitergebnis als die Operationsmethode.

Damit sind wesentliche Voraussetzungen für eine stärkere Belastung künstlicher Hüften erfüllt”, sagt Prof. Dr. med. Karl-Dieter Heller, der Generalsekretär der Gesellschaft. Heute sei körperliche Aktivität bei allen Patienten nicht nur möglich, sondern ausdrücklich gewünscht. „Es ist allerdings wichtig, dass sie verstehen, wo die Grenzen eines Kunstgelenks sind.”

Die sind ruckzuck erreicht, wenn jemand auf Leistungs-, Spiel- und Kampfsportarten mit hohem „Impact” bzw. hoher Stoßwirkung steht – weil er sich durch schnelle abrupte Richtungswechsel, Stoß-, Dreh- und Scherbelastungen zu viel zumutet. Da kann der Hüftkopf schon mal aus der Pfanne kugeln. Auch ein Sturz ist unangenehmer als für Menschen ohne Ersatzgelenk, es drohen komplizierte Knochenbrüche. Insgesamt wird der Verschleiß durch Sport wie diesen naturgemäß beschleunigt, das hässliche Wort der Abriebpartikel steht wieder im Raum.

Die „Ja, nein, vielleicht”-Empfehlungen der Fachgesellschaften (unter anderem Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention) verweisen Fuß- und Handball, Hockey, Klettern, Mountainbiking, Snowboarding, Squash, Turnen, Volleyball, Boxen, Judo oder Karate somit in den roten Bereich. Dagegen wirken gut dosierte fließende Bewegungen der Abnutzung entgegen; sie kräftigen die Muskulatur, entlasten Gelenke und Bandscheiben und tragen dazu bei, dass das Kunstgelenk fest im Knochen liegt.

Standzeit von rund 20 Jahren

Das wiederum verlängert die Haltbarkeit, Experten sprechen von einer Standzeit, die heute bei rund 20 Jahren liegt. Und es verringern sich die Verletzungsgefahren im Alltag. Entsprechend gilt ein niedriger Impact auf die neue Hüfte als das Beste, was ihr passieren kann.

Nie also hat Knochenarbeit mehr Spaß gemacht als mit den klassischen Ausdauersportarten wie Aquafitness und Aquajogging, (Rücken-)Schwimmen und Kraulen, Golf (ohne Spikes), Walking, Radfahren, Wandern, Rudern, Tanzen. Mit kleinen Einheiten aus diesem Spektrum lassen sich vielleicht sogar Couchpotatoes motivieren, für die nun erst recht gilt: mitmachen erwünscht. „Letztlich ist es eine sehr individuelle Entscheidung, wer postoperativ was macht”, sagt Orthopäde Heller, der Chefarzt der Klinik am Herzogin Elisabeth Hospital in Braunschweig ist.

Zumal, je sportlicher die künftigen Träger einer neuen Hüfte sind, umso besser werden sie nach der OP regenerieren. Wer vorher eine Sportart gut beherrscht hat, kann in aller Regel wieder und vor allem schneller wieder einsteigen. Drei Monate sollten mindestens vergehen, besser sind sechs. Dann könnte es sogar mit dem Lieblingssport von höherem Impact-Wert klappen, sei es Reiten, Alpin-Ski, Bowling oder Pilates. Über Sinnhaftigkeit und mögliche Folgen fürs Gelenk sollte man mit dem Arzt seines Vertrauens reden.

Und dann ist da noch der Chirurg. Er sollte ein ausgewiesener Fachmann sein, der die Krankengeschichte seiner Patienten kennt. Das betrifft auch den richtigen Zeitpunkt, die Entscheidung für ein künstliches Hüftgelenk trifft man schließlich nicht mal eben so. Sie ist häufig mit Unsicherheiten und Ängsten verbunden. Erfahrene Ärzte berücksichtigen das und nehmen sich vor der Operation genug Zeit, um mit ihren Kandidaten zu besprechen, welcher Sport sich für ihr Alter, ihre Lebenssituation und ihre Ansprüche eignen. Danach wird der Prothesentyp einschließlich Material und Art der Verankerung bestimmt.

Je gewissenhafter und detaillierter die Vorbereitungen sind, umso seltener kommt es später zu Fehlpositionen und Reibungsverlusten. Einerseits. Andererseits können eventuell auftretende Komplikationen sicher bewältigt werden. In diesem Sinne kann es sich lohnen, die Operation in einer der 525 Kliniken (Stand: 31.12.2017) durchführen zu lassen, die mit einem EndoCert-Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie zertifiziert sind.

Diese Expertise soll hierzulande die Patientensicherheit und Behandlungsqualität beim Gelenkersatz steigern. Seit Ende 2012 können sich Kliniken als EndoProthetikZentrum zertifizieren lassen. Das System gilt als das weltweit erste in der Endoprothetik.

Wer sich in einem derart ausgezeichneten Haus behandeln lässt, kann sicher sein, dass man sich dort intensiv mit dem Thema des Gelenksersatzes für Hüften (oder auch Knie) auseinandersetzt und die Qualitätsanforderungen der Fachgesellschaften erfüllt. Zu dem Zweck müssen mindestens 100 endoprothetische Eingriffe jährlich durchgeführt werden, heißt es im EndoCert® -Jahresbericht 2018. Jeder einzelne Hauptoperateur muss wenigstens 50 Mal im Jahr operieren.

Nicht zuletzt haben sich die Häuser verpflichtet, alle Behandlungsergebnisse konsequent zu überprüfen, Komplikationen zu erfassen und sich am Endoprothesenregister Deutschland zu beteiligen. Das beruhigt, immerhin ist eine Hüftprothese, total oder teilweise, doch eine große Sache für den Organismus.

Und eine der lukrativsten fürs Krankenhaus. Mit mehr als 440.000 Gelenkoperationen pro Jahr (Hüfte und Knie) allein in Deutschland gehört der Einbau des einen oder anderen Gelenks längst zum Standard. Bei aller Routine sind Erfahrung und Können gefragt. Trotzdem sind die qualitativen Unterschiede enorm.

Sport fürs Kunstgelenk

Ein entscheidender Faktor für das große Glück neuer Lebensqualität und langer Lebensdauer des Ersatzgelenks ist körperliche Aktivität. Optimal sind drei Mal pro Woche á 45 bis 60 Minuten.

Ja: Aerobic (ohne Sprünge), Aquajogging, Wandern und Bergwandern (mit Stöcken zur Abminderung von Stoßbelastungen), Bowling, Darts, Ergometertraining, Golf, Gymnastik, Krafttraining (angeleitet durch eine Fachkraft), Laufen (Laufband), Radfahren, Reiten, Rudern, Schwimmen,Tennis (Doppel)(2), Tanzen, (Nordic-)Walking

Vielleicht: Aerobic (mit Sprüngen)(3), Bowling, Eislaufen(3), Gewichtheben, Inline-Skating(3), Krafttraining (selbstständig), Laufen(3), Pilates, Ski Alpin, Tennis (Einzel)(1), Tischtennis

Nein: Badminton(1), Baseball, Basketball, Fußball, Handball, Hockey, Klettern, Mountainbiking, Snowboarding, Squash, Turnen, Volleyball, Zweikampfsportarten(1)

In der Literatur verschiedener Fachgesellschaften: 1 unklare oder keine Zuordnung; 2 teilweise “eingeschränkt empfohlen”; 3 teilweise “nicht empfohlen”
Quelle: Cassel M, Brecht P, Günther K-P, Mayer F. Endoprothesen und Sport. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 2017; 68: 38-42

 

Quelle: Handelsblatt 15.01.2019

Migräne kostet deutsche Wirtschaft jährlich fast 150 Milliarden Euro

Die Kopfschmerzattacken führen jährlich zu Ausfällen von 1,9 Millionen Arbeitsstunden, zeigt eine Studie. Neuartige Migräne-Mittel versprechen Abhilfe – für Mensch und Wirtschaft.

Mehr als acht Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Migräne. Die plötzlich auftretenden schweren Kopfschmerzen bedeuten nicht nur erhebliche Einschränkungen für die Betroffenen, sondern kosten die deutsche Volkswirtschaft auch Wertschöpfung und zwar durchschnittlich rund 146 Milliarden Euro pro Jahr. Das hat jetzt das Wifor-Instituts aus Darmstadt ausgerechnet.

„Wir wollten zeigen, wie eine Gesellschaft durch eine Krankheit belastet werden kann“, sagt Dennis Ostwald, Geschäftsführer des Instituts. Die Belastungen durch Migräne zählen zu den höchsten unter den neurologischen Erkrankungen. Die Weltgesundheitsorganisation listet Migräne zu den zehn häufigsten Gründen, warum Menschen jahrelang mit Einschränkungen leben müssen.

Während einer Migräne-Attacke sind viele Betroffene nicht in der Lage, ihren Alltag zu bewältigen, müssen sich teils für Stunden in einen abgedunkelten Raum zurückziehen. Bei stark betroffenen Migräne-Patienten sind Fehlzeiten von einer Woche im Monat keine Seltenheit, zeigen Befragungen. Migräne tritt zudem häufig im produktiven Alter zwischen 35 und 45 Jahren auf, Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer.

Nach den Berechnungen des Wifor-Instituts gehen wegen Migräne in Deutschland im Durchschnitt jedes Jahr 1,9 Millionen Stunden bezahlter und unbezahlter Arbeit verloren, das sind etwa 3,2 Prozent der geleisteten Arbeitsstunden insgesamt. Die verlorenen 145,6 Milliarden Euro Wertschöpfung, die durch Migräne bedingt sind, entsprechen etwa 4,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes 2017. „Der Impact von Migräne ist fast vergleichbar mit dem jährlichen Beitrag der gesamten deutschen Automobilindustrie zum Bruttoinlandsprodukt“, sagt Wifor-Geschäftsführer Dennis Ostwald.

Quelle: ARIVA 26.11.2018 von Handelsblatt

Vorsorge für Auslandsreisen

Denguefieber

Auslöser des Denguefiebers ist das Dengue-Virus. Es wird durch bestimmte Mücken übertragen. Typische Krankheits-Symptome sind starke Muskel- und Knochenschmerzen sowie mehrtägiges Fieber

Was ist das Dengue-Fieber?

Das Dengue-Fieber ist eine Virus-Erkrankung, die durch bestimmte Mückenarten, den sogenannten Tiger-Mücken (Aedes, Synonym: Stegomyia), übertragen wird. Das Dengue-Fieber gilt mit mehr als 100 Millionen Fällen weltweit als die häufigste, durch Moskitos übertragenene Viruserkrankung und zählt zu den häufig importierten viralen Infektionen auch bei deutschen Reiserückkehrern.

Dengue-Viren (Familie: Flaviviren) lassen sich in vier verschiedene Untergruppen (Serotypen) einteilen. Diese werden als DENV-1 bis DENV-4 bezeichnet. Die Infektion mit einem der vier Typen hinterlässt zwar eine Immunität gegen den entsprechenden Serotyp, sowie vermutlich kurzzeitig gegen die restlichen drei. Langfristig scheint dies allerdings nicht vor weiteren Infektionen mit den anderen Serotypen zu schützen, sondern könnte sogar eine schwerere Verlaufsform begünstigen, da einige Daten darauf hinweisen, dass schwerere Verläufe häufiger bei erneuten Infektionen mit einem der anderen Serotypen auftreten. Die deutsche Gesellschaft für Tropenemdizin (DTG) rät nicht dazu nach einer durchgemachten Infektion auf weitere Reisen in Risikogebiete zu verzichten.

Denguefieber: Ausbreitung durch Reisen und Globalisierung

Beschreibungen, die auf Denguefieber schließen lassen, sind bis ins Jahr 1635 in Panama zurückverfolgbar. Andere Quellen sehen erste denguetypische Symptome schon in Aufzeichnungen aus der chinesischen Jin-Dynastie um 300 nach Christus.

Eine Identifizierung und Unterscheidung der vier verschiedenen Dengue-Virustypen gelang erst Mitte des 20. Jahrhunderts. In diesem Zeitrahmen wurde auch der Zusammenhang zwischen dem Denguevirus und einer Erkrankung mit starker Blutungsneigung und häufig tödlichen Folgen hergestellt – dem hämorrhagischen Denguefieber oder Dengue-Schock-Syndrom.

Im Rahmen der weltweiten militärischen Truppenbewegungen, der fortschreitenden Urbanisierung, Globalisierung und der zunehmenden individuellen Mobilität breiteten sich die unterschiedlichen Denguetypen im 20. Jahrhundert global in allen Regionen mit vorhandenen Überträgermöglichkeiten aus. Im Rahmen einer Pandemie im Jahre 1998 erkrankten über eine Million Menschen weltweit. Ein weiteres Ausbreiten der Krankheit ließ sich bisher nicht verhindern und sie ist inzwischen in so gut wie jedem Land zwischen dem nördlichen und südlichen Wendekreis endemisch.

Eine Krankheit – viele Namen

Denguefieber ist bei der Bevölkerung der einzelnen Verbreitungsgebiete unter verschiedenen Namen bekannt: etwa "Break-Bone-Fever" (Knochenbrecherkrankheit), "Knockelkoorts" (Knochenfieber) oder "Drei-, Fünf- oder Siebentagefieber". Alle beziehen sich treffend auf die Symptome mit stärksten Schmerzen.

Die ursprüngliche Herkunft des Namen "Dengue" ist umstritten. Früher wurde die Erkrankung häufig als "Dandy-Fever" bezeichnet, was auf eine schmerzbedingte, auffällige Veränderung der Körperhaltung und Gangart, ähnlich der steifen Gangart der englischen Dandys, zurückzuführen ist. Im Spanischen bedeutet "hacer dengue" so viel wie "sich zieren". Das könnte auf einen sich vor Schmerzen zierenden Erkrankten hinweisen. Eine andere mögliche Erklärung für die Namensgebung: Dengue als Abwandlung des afrikanischen Kisuaheli-Wortes "Dinga" – der Bezeichnung für einen krampfartigen Anfall, ausgelöst durch einen bösen Geist.

Verbreitung: Wo und wie häufig gibt es Denguefieber?

Denguefieber gilt als die häufigste durch Stechmücken übertragene virale Erkrankung. Sie kommt vor allem in Südostasien, Teilen von Asien (Indien, Pakistan, Afghanistan), Süd- und Mittelamerika, Afrika und Australien vor, also vor allem in tropischen und subtropischen Regionen. In Sri Lanka, Vietnam und Thailand fand sich ein deutlicher Anstieg der Dengue-Infektionen im Jahr 2017.

Seit 2007 gilt das Dengue-Fieber auf der portugisischen Atlantikinsel Madeira als endemisch, über eintausend Personen erkrankten dort im Jahre 2012. Auch entlang des Schwarzen Meeres in Russland und Georgien sowie in Regionen um das rote Meer in Ägypten siedelt sich die Mücke zunehmend an.

Die Mücken brauchen gewisse Mindesttemperaturen. Begrenzt wird ihre Verbreitung daher durch klimatische Faktoren – im Norden durch die sogenannte 10°C Januar Isotherme und im Süden durch die 10°C Juli Isotherme. Durch die globale Erwärmung muss mit einem vermehrten Auftreten der Erkrankung in bisher nicht betroffenen Gebieten wie den meisten Teilen Europas gerechnet werden. Meldungen berichten über die Ankunft der Aedes-aegypti-Mücke auf den Kanarischen Inseln im Dezember 2017 und es wird befürchtet, dass sich die Mücke auch vermehrt auf Kontinentaleuropa ausbreiten kann.

Ursachen: Wie wird Denguefieber übertragen?

Das Virus wird fast ausschließlich durch einen Überträger (Vektor) verbreitet. Hierbei handelt es sich um verschiedene Mückenarten. Am weitesten verbreitet ist hier die Gelbfieber-Mücke (Stegomyia aegypti), auch ägyptische Tigermücke genannt (siehe Abbildung). In manchen Regionen spielen auch die asiatische Tigermücke (Stegomyia albopictus) oder die polynesische Tigermücke (Stegomyia polynesiensis) eine wichtige Rolle.

Vor allem die asiatische Tigermücke hat ihren Wirkraum in den letzten Jahren auf Europa ausgedehnt. Bei mehreren anderen Mückenarten konnte inzwischen nachgewiesen werden, dass sie für eine mögliche Übertragung des Virus geeignet wären.

Die Mücken kommen vor allem in der Umgebung menschlicher Besiedlung vor. So verbreiten sie das Dengue-Virus besonders im städtischen Raum. Sie legen ihre äußerst widerstandsfähigen Eier nahe kleiner Wasseransammlungen ab – finden zum Beispiel in Eimern, Flaschen, alten Autoreifen oder Regentonnen ideale Brutplätze. Infizierte Weibchen können den Erreger direkt an ihre Nachkommen weitergeben.

Die Übertragung des Dengue-Virus erfolgt beim Stich weiblicher infizierter Mücken. Nicht infizierte Mücken können sich beim Blutsaugen an einem infizierten Menschen "anstecken".

Meist stechen die Mücken tagsüber, bevorzugt in den Morgen- und Abendstunden und oft mehrmals. Männliche Mücken können das Virus nicht übertragen, da sie kein Blut saugen.

Symptome des Dengue-Fiebers

Man unterscheidet zwischen dem klassischen Verlauf des Denguefiebers und demhämorrhagischen Denguefieber/Dengue-Schock-Syndrom. Die Inkubationszeit dauert zwischen drei und vierzehn Tagen, durchschnittlich beträgt sie zwischen vier und sieben Tage.

Klassischer Verlauf: Im klassischen Fall tritt innerhalb weniger Tage nach der Infektion schlagartig hohes Fieber bis 40°C auf. Typisch sind stärkste Muskel-, Gelenkschmerzen und Knochenschmerzen, häufig auch Kopfschmerzen oder ein Druckschmerz hinter dem Auge. Gelengentlich kann der Betroffene aufgrund der Schmerzen nicht mehr gehen oder stehen.

Begleitend können allgemeine Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Verstopfung oder Durchfälle, Husten und Lymphknotenschwellung auftreten. Es besteht ein schweres Krankheitsgefühl. Eine rötliche Färbung der gesamten Haut (Erythem) ist zu Beginn häufig zu beobachten.

In vielen Fällen sinkt das Fieber nach zwei bis drei Tagen kurzzeitig ab, um dann erneut anzusteigen. Wenige Tage nach Krankheitsbeginn zeigt sich bei vielen Erkrankten ein kleinfleckiger rötlicher Ausschlag mit ausgeprägtem Juckreiz, der sich von alleine zurückbildet. Gelegentlich kann es zu Nasen- oder Zahnfleischblutungen kommen.

Üblicherweise klingen alle Symptome im Verlauf einer Woche ohne Folgeschäden ab. Es kann jedoch zu einer noch Wochen andauernden Schwäche mit Erschöpfungsgefühl kommen.

Hämorrhagisches Denguefieber / Dengue-Schock-Syndrom: Vor allem bei Kindern kommt dieser schwere Verlauf vor. Er macht insgesamt etwa ein bis fünf Prozent aller Fälle aus. Die Muskel-, Gelenk- und Knochenschmerzen können hier fehlen. Nach wenigen Tagen kommt es zu einer plötzlichen Verschlechterung mit Blutungen, insbesondere im Hautbereich, und starkem Abfall der Zahl der Blutplättchen (Thrombozyten). Durch Blutungen im Magen-Darm-Bereich kann es zu Bluterbrechen und blutigem Stuhlgang kommen. Häufig sind Nasen- und Zahnfleischbluten. In den meisten Fällen normalisiert sich die Blutgerinnung nach wenigen Tagen wieder.

Theoretisch sind Blutungen in allen Organen des Körpers möglich (zum Beispiel in Lunge oder Gehirn). Bei den schweren Verlaufsformen kommt es zu einer erhöhte Durchlässigkeit der Gefäßwände für Flüssigkeiten (capillary leak). Dieses Leck der Kapillarwände führt zu einem großen Flüssigkeitsverlust von den Gefäßen in den Körperraum, so dass es zu einem Volumenmangel innerhalb der Gefäße kommt. Ohne Therapie droht ein lebensgefährlicher Schock mit Kreislaufversagen.

Die WHO unterscheidet inzwischen nicht mehr vorwiegend zwischen dem klassischen Verlauf und dem Dengue hemorrhagic fever mit verschiedenen Schweregraden, sondern zwischen Denguefieber, Denguefieber mit Warnsymptomen (die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf darstellen) sowie schwerem Dengue Fieber (mit schwerem Flüssigkeitsverlust, schweren Blutungen oder schweren Organschäden).

Während eine Erstinfektion häufiger eher harmlos und grippeähnlich verläuft, kann es bei einer zweiten oder dritten Infektion vermehrt zu einem schweren hämorrhagischen Dengue-Fieber mit einer Sterblichkeitsrate von bis zu 30 Prozent kommen, wobei besonders Kleinkinder gefährdet sind. Diese schweren Verläufe werden auf infektionsverstärkende Antikörper zurückgeführt.

Diagnose: Wie stellt der Arzt Denguefieber fest?

Die typischen Symptome weisen auf die Erkrankung hin. Mit Blutuntersuchungen lässt sich die Diagnose bestätigen. Schnelltests (Enzyme-linked Immunosorbent Assay, NS1-Antigen-Nachweis) bieten ab dem ersten Tag der Infektion eine gute, einfache Diagnosemöglichkeit. Das Ergebnis bietet jedoch keine vollständige Sicherheit. Des Weiteren bilden sich im Laufe der Erkrankung Antikörper im Blut des Patienten, welche über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben können und somit auch eine stattgehabte Infektion nachweisen können. Die Antikörperdiagnostik ist im Normalfall ausreichend und eine Bestimmung des Serotyps nicht notwendig. Ab dem fünften Krankheitstag lässt sich das Dengue-Virus anhand seines Erbgutes innerhalb eines Tages direkt nachweisen (PCR). Mit diesem PCR-Verfahren können auch einzelne Serotypen unterschieden werden.

Im Blutbild kann die Zahl der Blutplättchen (Thrombozyten), die für eine funktionierende Blutgerinnung notwendig sind, stark abfallen.

Klinisch lässt sich der sogenannte Tourniquet-Test einsetzen, bei dem eine Blutdruckmanschette am Arm zwischen systolischem und diastolischem Blutdruckwert aufgepumpt wird und anschließend nachgesehen wird, ob sich am Unterarm kleine Einblutungen ergeben haben.

Die Diagnose muss nach dem deutschen Infektionsschutzgesetz (IfSG) an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet werden.

Therapie: Wie kann man Denguefieber behandeln?

Eine ursächliche Therapie steht aktuell nicht zur Verfügung. Der Arzt empfiehlt eventuell bestimmte schmerz- und fiebersenkende Medikamente. Wirkstoffe, die sich auf die Blutgerinnung auswirken – wie Acetylsalicylsäure – sollten aber strikt gemieden werden.

Verläuft die Krankheit schwerer, muss eine rasche Krankenhauseinweisung erfolgen. Die Ärzte geben Flüssigkeit als Infusion über die Vene, um einen Schockzustand zu verhindern. In manchen Fällen ist die Gabe von Blutkonserven oder eine intensivmedizinische Betreuung notwendig.

Vorbeugen: Wie kann man sich vor Denguefieber schützen?

Für Reisende ist die einzige Möglichkeit zur Vorbeugung ein guter Mückenschutz. Zu beachten ist hier, dass die übertragenden Mücken auch tagaktiv sind. Grundsätzlich sollte die Kleidung die Haut möglichst weitgehend bedecken. Sinnvoll ist die Anwendung von Abwehrstoffen (Repellents). Zur Auswahl geeigneter Produkte sollten Sie sich am besten beim Arzt oder Apotheker informieren. Zusätzlich kann die Kleidung mit Insektiziden imprägniert werden. Das Bett sollte man am besten mit einem Moskitonetz schützen, Insektizid-imprägnierte Netze sind von Vorteil. Auch eine Klimaanlage kann helfen, denn Mücken meiden klimatisierte Räume.
Ein wirksamer Impfstoff gegen die Erkrankung steht aktuell in Deutschland nicht zur Verfügung.

Nach aktuellen Daten scheinen seltene, schwere Verläufe bei europäischen Reisenden in ähnlicher Häufigkeit bei Erst- und Zweitinfektionen aufzutreten. Die deutsche tropenmedizinische Gesellschaft (DTG) hält es daher für nicht gerechtfertigt, Reisenden von weiteren Aufenthalten in Verbreitungsgebieten abzuraten, wenn sie bereits ein Denguefieber durchgemacht haben.

Quelle: Apotheken Umschau 12.04.2018

Krankenversicherungs-Wechsel

Falle beim Wechsel der Krankenversicherung

Wenn Sie von der privaten Krankenversicherung in die Familienversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung wechseln, riskieren Sie möglicherweise eine zweijährige Lücke bei der Pflegeversicherung. Das kann Sie teuer zu stehen kommen.

Das Wichtigste in Kürze

  1. Die private Krankenversicherung wird im Alter teuer. Wer kann, wechselt zur gesetzlichen Versicherung. Ein Weg ist die Familienversicherung des (Ehe-)Partners.
  2. Doch die gesetzliche Pflegeversicherung, in die Versicherungsnehmer dann auch wechseln, zahlt in den ersten zwei Jahren nicht.
  3. Verbraucher sollten daher die private Pflegeversicherung zwei Jahre lang weiter laufen lassen. So vermeiden sie das Risiko, bei Pflegebedürftigkeit in dieser Zeit keine Leistungen zu erhalten.

Bei einem Wechsel von der privaten Krankenversicherung in die Familienversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung besteht laut Bundessozialgericht erst nach zwei Jahren Vorversicherungszeit in der gesetzlichen Versicherung ein Anspruch auf Pflegegeld.

Der Grund: Mit dem Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln Sie auch automatisch von der privaten in die gesetzliche Pflegeversicherung. Die jedoch verlangt eine zweijährige Wartezeit, das heißt in dieser Zeit erhalten Sie noch keine Leistungen.

Die Lösung: Kündigen Sie nur die private Kranken , nicht aber die private Pflegeversicherung, wenn Sie in die gesetzliche Familienversicherung wechseln. Zahlen Sie die Beiträge für die private Pflegeversicherung zunächst zwei Jahre lang weiter – bis Ihnen auch die gesetzliche Pflegeversicherung Leistungen gewährt.

Ohne Versicherungsschutz kann es teuer werden. Wenn ausgerechnet in der zweijährigen Übergangszeit Pflege notwendig wird, müssen Sie dafür selbst aufkommen. Beim höchsten Pflegegrad 5 wäre das für die Dauer von zwei Jahren immerhin eine Summe von 50.000 Euro. Für die Weiterführung der privaten Pflegeversicherung fallen nach unseren Berechnungen im selben Zeitraum dagegen in den meisten Fällen weit weniger als 2.700 Euro an.

Fall vor Gericht

Vor einem halben Jahr befasste sich das Bundessozialgericht mit dem Fall einer Witwe, die die gesetzliche Pflegeversicherung auf Zahlung von Pflegegeld für ihren verstorbenen Mann verklagt hatte. Ihr Ehepartner war zuvor lange in einer privaten Krankenversicherung und – nachdem der Pflegefall eingetreten war – einkommenslos geworden. Ohne Einkommen konnte er in die kostenlose Familienversicherung seiner gesetzlich krankenversicherten Ehefrau aufgenommen werden. Er kündigte also seine private Kranken- und Pflegeversicherung und wechselte.

Die gesetzliche Pflegeversicherung verweigerte jedoch zwei Jahre lang sämtliche Leistungen und berief sich darauf, dass der Betroffene noch nicht die Vorversicherungszeit in der gesetzlichen Pflegeversicherung erfüllt habe. Der Mann hatte Pflegestufe III, dadurch wurden die zwei Jahre für das Ehepaar enorm teuer. Erst nach Ablauf der zweijährigen Frist gab es auch Leistungen der Pflegeversicherung.

Der Mann verstarb dann bald und seine Witwe verklagte die gesetzliche Pflegeversicherung auf Zahlung. In der ersten Instanz gewann sie, vor dem Landessozialgericht verlor sie. Am Ende urteilte das Bundessozialgericht (BSG), dass bei einer solchen Konstellation – Wechsel über die Familienversicherung zurück in die gesetzliche Krankenversicherung bei gleichzeitiger Kündigung der privaten Pflegeversicherung – die gesetzliche Pflegeversicherung erst nach zwei Jahren Vorversicherungszeit leisten muss und erst dann ein Anspruch auf Pflegegeld besteht (Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. November 2017, Az. B 3 P 5/16 R).

Quelle: Verbraucherzentrale Hamburg 30.05.2018